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Steuerliche Gleichstellung ein "Meilenstein"

Anna Peters1. Juli 2013

Drei Wochen nach dem Urteil der Verfassungsrichter hat der Bundestag gleichgeschlechtliche Lebenspartner im Steuerrecht aufgewertet. Ihre eingetragene Partnerschaft wird künftig mit der Ehe gleichsetzt.

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Symbolbild Steuererklärung (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/m.schuckart

Manfred Bausch und sein Lebenspartner leben eine ganz traditionelle Ehe. Gerade haben sie in Aachen ein Haus gebaut und sind nun mitten im Umzugsstress. Bald wollen sie in ihrem Garten ein Bäumchen pflanzen. "Wir leben eigentlich ganz normal, wie jede andere Familie auch", erzählt Bausch im Gespräch mit der DW. Er ist leidenschaftlicher Hobbykoch und schwingt am Wochenende gerne mal den Kochlöffel für seinen Liebsten und Freunde. In ihrer Freizeit gehen die beiden Männer gerne ins Kino oder Theater. Eigentlich machen sie seit zehn Jahren alles gemeinsam, nur ihre Steuererklärung, die mussten beide bisher getrennt einreichen.

Aber auch das wird sich ab sofort ändern, denn der Bundestag beschloss am späten Donnerstagabend (27.06.2013) ein Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes. Dieses Gesetz erlaubt es dann auch Homosexuellen, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, von den Steuervorteilen des Ehegattensplittings zu profitieren. Bisher war dies ausschließlich Eheleuten vorbehalten.

Gesetz ein wichtiges politisches Signal

Manfred Bausch und sein Lebensgefährte werden das in ihrem Portemonnaie deutlich zu spüren bekommen: "Ich schätze, dass wir so bis zu 3500 Euro im Jahr sparen werden, da wir unterschiedlich viel verdienen", sagt er.

Für Bausch steckt hinter dem Gesetz ein wichtiges politisches Signal: "Ich halte das Gesetz für einen ganz wichtigen Meilenstein, weil es jetzt auch im finanziellen Bereich eine Gleichstellung bedeutet, und zwar zu Gunsten von Lebenspartnerschaften." Auch für Manfred Bruns vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) ist das neue Gesetz zur Einkommensteuer ein Erfolg: "Das ist etwas, für das wir sehr lange gekämpft haben, praktisch seit Beginn der Lebenspartnerschaft im Jahr 2001."

Plastikfiguren (Foto: Reuters)
Schwule und lesbische Lebenspartner mussten ihre Steuererklärung bis jetzt getrennt einreichenBild: Reuters

Auch wenn sich Bruns und Bausch über die neue Regelung freuen, so ärgern sie sich doch über die Umstände, unter denen das Gesetz in den Bundestag gekommen ist: Denn die CDU/CSU-Fraktion hat sich lange Zeit mehrheitlich gegen die steuerliche Gleichstellung der Lebenspartnerschaft gesträubt. Erst durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts im Mai kam der aktuelle Gesetzentwurf zustande.

Das Karlsruher Gericht hatte entschieden, dass auch eingetragene Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting profitieren sollen. Denn die aktuellen Vorschriften verstoßen aus Sicht der Richter gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das in der Verfassung verankert ist. Die Opposition aus SPD und Grünen sowie der Koalitionspartner FDP hatten schon vor dem Beschluss der Verfassungsrichter eine Änderung im Einkommensteuergesetz zugunsten der Homo-Ehe gefordert.

Kein Verfassungskonflikt - "wegen einer solchen Sache"

Trotz aller Vorbehalte: Der Großteil der CDU/CSU-Fraktion votierte für das Gesetz zur steuerlichen Gleichstellung - nach eigenen Angaben auch der CSU-Abgeordnete Norbert Geis, eigentlich ein vehementer Gegner des Gesetzes: "Ich meine, dass man nur gleichstellen kann, was auch gleich ist. Man kann nicht sagen, dass die homosexuellen Lebenspartner der Ehe gleichzustellen sind, weil die Ehe etwas anderes ist als diese Partnerschaft", sagte Geis im DW-Interview. Dennoch wolle er "wegen einer solchen Sache keinen Verfassungskonflikt heraufbeschwören".

Das Einkommensteuergesetz wurde vom Bundestag rückwirkend zum 1. August 2001 beschlossen. Die Kosten für die steuerliche Gleichstellung der 34.000 eingetragenen Lebenspartnerschaften werden von der Regierung im Jahr 2013 auf einmalig 175 Millionen Euro geschätzt und in den Folgejahren auf 55 Millionen..

Manfred Bruns (Foto: privat)
Bruns: Das Einkommensteuergesetz allein zu ändern ist inkonsequentBild: privat

Auch wenn sich Bruns vom LSVD sehr über das neue Gesetz freut, bemängelt er, dass die Änderung des Einkommensteuergesetzes nicht konsequent zu Ende gedacht wurde: "Es gibt noch einige andere Gesetze, die mit dem Einkommensteuerrecht zusammenhängen, die aber nicht geändert werden, beispielsweise die Riester- und Rürüp-Verträge. Da dürfen Ehegatten auch ihren Partner als Hinterbliebenen begünstigen. Das dürfen Lebenspartner bisher nicht. Das wird jetzt im Einkommensteuerrecht geändert, nicht aber im Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz."

Forderung nach Öffnung der Ehe

Die steuerliche Gleichstellung ist nach Ansicht von Bruns und Bausch ein weiteres Element zur völligen Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe. "Ein wichtiger weiterer Schritt wird das volle Adoptionsrecht sein", sagt Bausch. Hier stehe für ihn natürlich das Wohl des Kindes im Mittelpunkt, "aber das kann bei gleichgeschlechtlichen Paaren ebenso erfüllt werden wie bei Heterosexuellen", sagt er.

Bruns geht noch einen Schritt weiter: "Wir stehen jetzt eigentlich vor der Frage: Warum noch zwei verschiedene Rechtsinstitute, wenn sie praktisch dieselben Rechtsfolgen haben? Wir fordern die Öffnung der Ehe." Ob sich die Hoffnungen von Bruns und Bausch bewahrheiten, wird die Zeit zeigen. "Es wird jetzt sehr vom Ausgang der nächsten Bundestagswahl abhängen", fügt Bruns hinzu. "Es ist so, dass alle Parteien dafür sind, nur CDU und CSU sind wie immer dagegen."