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Die politische Reiseroute Snowdens

Regina Mennig24. Juni 2013

Nach Wikileaks-Gründer Assange will auch Whistleblower Edward Snowden politisches Asyl in Ecuador. Dort hält man sich noch bedeckt, was dessen Antrag angeht. Und Snowdens Fluchtroute sorgt für diplomatische Verstimmung.

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Mann in Hongkong läuft an einem Banner mit dem Bild Edward Snowdens vorbei (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Philippe Lopez/AFP/Getty Images

Was die Weltöffentlichkeit bislang von Edward Snowdens Flucht mitbekommen hat, wirkt wie aus einem Krimi. Der Whistleblower fliegt von Hongkong über China nach Russland. An alle Länder appellieren die USA, Snowden festzunehmen - aber nirgendwo wird reagiert. Derzeit hält er sich noch immer Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo auf, wie die russische Regierung nach rund 24 Stunden Rätselraten über den Aufenthalt des 30-Jährigen bestätigte. Spekuliert wird weiter über das nächste Ziel Snowdens: Kuba könnte dem US-Amerikaner als Zwischenstopp auf dem Weg nach Ecuador dienen.

Denn dort, wo Snowden mit einem persönlichen Brief an den Präsidenten Rafael Correa politisches Asyl beantragt hat, will man sich für die Entscheidung über sein Anliegen Zeit nehmen. "Im Fall von Julian Assange hat es zwei Monate gedauert. Vielleicht wird es dieses Mal mehr sein, vielleicht ein bisschen weniger", sagt Jorge Jurado, der ecuadorianische Botschafter in Berlin, im Interview mit der Deutschen Welle.

Jorge Jurado, ecuadorianischer Botschafter in Berlin (Foto: Botschaft Ecuador)
Jorge Jurado, ecuadorianischer Botschafter in BerlinBild: Embajada del Ecuador

Auf jeden Fall, so der Botschafter, werden die Prinzipien der UN-Menschenrechtscharta die Grundlage für die Entscheidung sein - "nicht die Interessen von Gruppen oder anderen Ländern". Was der ecuadorianische Außenminister Ricardo Patiño auf einer Pressekonferenz verlauten lässt, klingt eine Spur zurückhaltender: Sein Land werde bei Snowdens Asyl-Antrag auch die Einwände der USA bedenken, wird der Minister von spanischen Nachrichtenagenturen zitiert.

Zufluchtsort mit fragwürdigen Mediengesetzen

Im August 2012 hatte Ecuador dem Wikileaks-Gründer Julian Assange politisches Asyl gewährt; Assange befindet sich seither in der ecuadorianischen Botschaft in London. Nun gerät der kleine Andenstaat erneut mitten hinein in die Bemühungen der USA, einen ihrer meistgesuchten Geheimnisverräter zu fassen. "Es gibt eine breite Wahrnehmung in der Bevölkerung Ecuadors, dass die US-Regierung all die Grundsätze, die sie als universal deklariert, gerne über Bord wirft, sobald es um die eigene Sicherheit geht. Insofern gibt es generell Sympathie für den Schutz von Personen wie Assange und Snowden, die verfolgt werden", berichtet Jonas Wolff, Lateinamerika-Experte von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Die ecuadorianische Regierung vertrete diese Haltung ohnehin.

Im Mai 2013 hat der linksgerichtete Präsident Rafael Correa seine dritte Amtszeit angetreten - ein Regierungschef, der mit dem verstorbenen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und Evo Morales aus Bolivien für den lateinamerikanischen Linksruck steht und gegenüber den USA kein Blatt vor den Mund nimmt. Mit anderen sozialistischen Präsidenten in Lateinamerika eint Rafael Correa auch sein Zerwürfnis mit privaten Medien und ein harter Kurs in der Medienpolitik. Das lässt vor allem jetzt seine Kritiker laut werden.

Hugo Chávez, Rafael Correa und Evo Morales (Foto: dpa)
Ecuadors Staatschef Rafael Correa (M.) - hier mit Hugo Chávez (l.) und Evo Morales im Jahr 2007Bild: picture-alliance/dpa

"Es ist ja schon ironisch, dass die Regierung Correa, die selbst Probleme mit der Pressefreiheit und den privaten Medien hat, sich international als Wärter und Wächter und Schutz verfolgter Informanten und Journalisten geriert", so beschreibt Jonas Wolff das Argument der Opposition in Ecuador. Mitte Juni hat die ecuadorianische Regierung ein umstrittenes Mediengesetz verabschiedet, das unter anderem einen Paragrafen gegen den "medialen Rufmord" enthält und von Kritikern als das Ende des investigativen Journalismus bezeichnet wurde.

Scharfe Worte an Russland und China

Während noch unklar ist, ob Ecuador Edward Snowdons neuer Zufluchtsort wird, sind bei seinen Zwischenstationen, in Russland und China, bereits scharfe Worte eingetroffen: US-Außenminister John Kerry warnte Russland und China vor Konsequenzen, sollten sie von Snowdens Reiseplänen gewusst und eine Auslieferung blockiert haben. Russlands Präsident Wladimir Putin wies die Vorwürfe aus Washington wirsch zurück. "Jedwede Anschuldigungen an die Adresse Russland sind Unsinn und dummes Zeug", polterte Putin.

Dass der Fall Snowden auf das russisch-amerikanische Verhältnis dramatische Auswirkungen hat, glaubt der Osteuropa-Experte Klaus Segbers dennoch nicht. "Die USA und die russische Föderation haben eine ganze Reihe von politischen Punkten, bei denen sie nicht übereinstimmen, da ist das nur ein Stein im Mosaikbrett", sagt er mit Blick auf die unterschiedlichen Positionen der beiden Länder im Syrien-Konflikt oder in Rüstungsfragen. Und dass Snowden lange in Russland bleibt und das ohnehin schon angespannte Verhältnis weiter belastet, hält Segbers für wenig wahrscheinlich. "Ich glaube, dass auch die russische Regierung nicht begeistert wäre, diesen von ihr ungebetenen Gast länger beherbergen zu müssen, und dass sie auch ein Interesse hat, ihn bald weiter zu reichen."