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Politik

Weitere Labore bestätigen Nawalnys Vergiftung

14. September 2020

Im Fall des russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny haben weitere Speziallabore in Frankreich und Schweden einen Nervengift-Kampfstoff als Ursache der Vergiftung festgestellt. Das teilte die Bunderegierung mit.

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Russland Alexej Nawalny
Alexej Nawalny bei einer Versammlung in Moskau (Archivbild) Bild: Reuters/S. Zhumatov

Die Ergebnisse der Überprüfung "durch Speziallabore in Frankreich und Schweden liegen nunmehr vor und bestätigen den deutschen Nachweis", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Man habe zusammen mit den beiden Ländern weitere europäische Partner um eine unabhängige Überprüfung der Ergebnisse anhand erneuter Proben des vergifteten russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny gebeten.

Unabhängig von den noch laufenden Untersuchungen der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) hätten damit nun bereits drei Labore unabhängig voneinander den Nachweis eines Nervenkampstoffes als Ursache der Vergiftung von Nawalny erbracht, hieß es. Eine weitere Untersuchung werde von der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) ausgeführt. Die OVCW habe "Proben von Herrn Nawalny entnommen und die nötigen Schritte eingeleitet, um diese durch Referenzlabore der OVCW untersuchen zu lassen", erklärte Seibert."Wir erneuern die Aufforderung, dass sich Russland zu den Geschehnissen erklärt", betonte der Regierungssprecher.

Russland: Der Fall Nawalny - Opposition in Gefahr

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel von einem "Mordversuch" an dem russischen Oppositionspolitiker. Er drängte den russischen Staatschef Wladimir Putin bei einem Telefonat zur vollständigen Aufklärung des Falles, wie das Präsidialbüro in Paris mitteilte. Putin wies die Vorwürfe als "unangemessen" zurück.

Nawalny in Berlin

Nawalny war am 20. August auf einem innerrussischen Flug kollabiert. Nach einer Notlandung wurde er zunächst in einer Klinik im sibirischen Omsk behandelt, bevor er am 22. August nach Deutschland ausgeflogen wurde, wo er seitdem im Berliner Krankenhaus Charité behandelt wird. Wie die dortigen Ärzte mitteilten, hat sich sein Gesundheitszustand inzwischen verbessert. Er muss nicht mehr beatmet werden und kann sein Krankenbett zeitweise verlassen. Während russische Behörden nach eigener Darstellung bei Nawalny keinen Giftstoff gefunden haben, hatte eine von der Charité in Auftrag gegebene Analyse bei einem spezialisierten Bundeswehrlabor nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel "zweifelfrei" ein Gift der Nowitschok-Gruppe festgestellt. Russland bestreitet, etwas mit der Tat zu tun zu haben. Nowitschok war in der Sowjetunion entwickelt worden. Mit einem Gift aus dieser Gruppe war bereits der russische Ex-Doppelagent Sergej Skripal 2018 in Großbritannien vergiftet worden.

Neue Gift-Variante?

Die Bundesregierung hatte sich lange in Schweigen gehüllt, ob und wo sie eine erneute Probe in Auftrag gegeben hatte. Grund dafür war nach Informationen aus Regierungskreisen auch die Sorge gewesen, dass die entsprechenden Labore gehackt werden könnten. Die Analyse des Nervengifts gilt auch deshalb als politisch heikel, weil es sich offenbar um eine neue Variante des Gifts aus der Nowitschok-Gruppe handelt. Chemiewaffen sind weltweit geächtet.

Die russische Regierung hatte zuvor wiederholt Zweifel an dem Befund des Labors der Bundeswehr geäußert. Am Freitag hatte russische Stellen erklärt, selbst Ermittler nach Berlin schicken zu wollen. Die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin hatte wiederum angekündigt, dass sie selbst einem russischen Rechtshilfeersuchen nachkommen und sich über Nawalnys Gesundheitszustand informieren werde, wenn dieser dies zulasse. Mitarbeiter von Nawalny haben bereits betont, dass sie russischen Ermittlern keinen Zugang zu dem Regimegegner gewähren würden.

kle/ie (rtr, dpa, afp)