Mehrere Bücher auf einem Stapel, dahinter mehrere Kinder, die lesen (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance)
Nachrichten für Lehrkräfte

Wie man Kinder zum Lesen motivieren kann

Viele Kinder lesen nicht gern: Laut Studienergebnissen kann jedes vierte Kind am Ende der Grundschule nicht richtig lesen. Eine Lesementorin erklärt, wie man Kindern das Lesen schmackhaft machen kann.

Jedes vierte Kind, das eine vierte Klasse in Deutschland besucht, kann laut aktueller Iglu-Studie nicht richtig lesen. „Das betrifft nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, sondern auch deutsche Kinder“, sagt die Vorsitzende des Bundesverbandes „MENTOR – Die Leselernhelfer“, Huguette Morin-Hauser.

Um Kinder zum Lesen zu motivieren, ist es vor allem wichtig, dass ihnen von klein auf vorgelesen wird. Dabei sollten nach Ansicht von Morin-Hauser Väter eine wichtigere Rolle spielen als bisher. In der Grundschule gebe es deutlich mehr Lehrerinnen als Lehrer; auch seien es oft die Mütter, die durch Teilzeitarbeit mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen, so die Bildungsexpertin. „Insofern ist auch Vorlesen oft Frauensache.“ Da es aber gerade die Jungen seien, die sich laut Studien schwerer mit dem Lesen tun als Mädchen, sei es wichtig, dass auch mehr Väter vorlesen. „Sie müssen Vorbilder sein“, so Morin-Hauser.

Durch das gemeinsame Vorlesen werde auch die Bindung zwischen Eltern und Kind gestärkt. Die Kinder „erfahren Wärme und Zuwendung und verbringen Zeit mit ihren Eltern, die sonst vielleicht sehr beschäftigt sind.“ Zudem sollte man ein Buch auswählen, dass das Kind auch interessiert, empfiehlt Morin-Hauser – egal ob das ein Comic, eine Fußballzeitschrift oder ein Pferdebuch ist.

Ehrenamtliche Lesehelferinnen und -helfer

Viele Kinder könnten auch deshalb nicht richtig lesen, weil Schulklassen mit mehr als 25 Kindern oft zu groß seien und die Kinder häufig einen unterschiedlichen Wissensstand hätten, erklärt die Expertin weiter. „Es ist für die Lehrkraft dadurch unmöglich, den Kindern zu helfen, die Schwierigkeiten beim Lesen haben.“ Ehrenamtliche Lesehelferinnen und -helfer können deshalb eine wichtige Rolle bei der Leseförderung spielen.

Laut Angaben des Bundesverbands engagieren sich bundesweit 15.000 Freiwillige als Lesehelferinnen oder Lesehelfer – vor allem Seniorinnen und Senioren, aber auch Studierende und Berufstätige. Die Mentorinnen und Mentoren kümmern sich demnach an Schulen ehrenamtlich um Kinder, denen es sehr schwerfällt, Lesen zu lernen. Während eines kompletten Schuljahres lesen sie einmal pro Woche eine Stunde lang mit dem jeweiligen Kind, meist außerhalb des Unterrichts. Dabei gehe es hauptsächlich darum, die Freude am Lesen zu wecken, so Morin-Hauser.

„Unsere Mentoren üben nichts aus dem Unterricht. Das Kind soll erfahren, wie schön es ist, allein lesen zu können. Das Lesen darf nicht zur Pflicht werden, keine Erziehungsmaßnahme sein“, so Morin-Hauser. Aber bereits in der Kita sollten Eltern darauf hingewiesen werden, wie wichtig das Vorlesen bereits in diesem Alter sei. „Wer früh vorgelesen bekommt, hat schon einen großen Wortschatz, wenn er in die Schule kommt. Das erleichtert das Lesenlernen.“

Auch digitale Medien können beim Lesenlernen helfen

Um Lesen zu lernen und Spaß daran zu finden, kann es auch hilfreich sein, digitale Medien einzubeziehen. Eine Untersuchung des Deutschen Schulportals kommt zu dem Schluss, dass digitale Medien das Lesenlernen unterstützen können – aber nur unter bestimmten Bedingungen. In Studien wurde zum Beispiel untersucht, wie viele korrekte Wörter Dritt- und Viertklässlerinnen und -klässler innerhalb von fünf Minuten in einem digitalen und in einem analogen Textformat lesen können. Dabei konnten keine wesentlichen Unterschiede festgestellt werden, so das Deutsche Schulportal. Anders sehe es beim Verstehen eines Textes aus. Dies sei laut Studienlage auf dem Papier eher gegeben als auf einem digitalen Gerät. Längere digitale Texte sind demnach offenbar herausfordernder als längere Texte auf dem Papier.

Kinder dürften mit den digitalen Programmen und Tools nicht alleingelassen werden, sonst gebe es keine positiven Effekte, betont das Deutsche Schulportal. Die Programme und Aufgaben müssten vorher im Unterricht eingeführt werden. Zudem machen Kinder manchmal zwar digital Lesefortschritte, aber das schlage sich nicht unbedingt auch beim analogen Lesen nieder.

Auch Morin-Hauser findet: „Es kann Sinn machen, zum Lesenlernen aufs Tablet zurückzugreifen. Es gibt sehr hilfreiche Apps zum Üben des Lesens. Für manche Kinder hat ein Tablet eine größere Faszination als ein Buch.“ Trotzdem sei es wichtig, immer wieder zum Buch zurückzukehren: Denn der Wortschatz bilde sich besonders gut über das Lesen von Büchern aus, so Morin-Hauser.


sts (mit KNA)/io