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Politik

Viktor Orban besucht Klagemauer in Jerusalem

20. Juli 2018

Nicht Positionen, sondern Interessen sind es, die einen Populisten leiten: Die Regel gilt auch für Ungarns Premier. Seine Kampagnen in Budapest werden als "antisemitisch" kritisiert. In Israel beteuert er das Gegenteil.

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Israel Besuch Orban Premierminister Ungarn
Bild: Getty Images/AFP/M. Kahana

Zum Abschluss seiner ersten Israel-Reise hat der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban die Klagemauer in Jerusalem besucht. Orban, der einen schwarzen Hut auf dem Kopf trug, berührte die heiligste Stätte des Judentums mit der Hand und hielt mit geschlossenen Augen inne.

Die Klagemauer ist ein Überrest der Befestigung des zweiten Jerusalemer Tempels. Sie liegt am Fuße des Tempelbergs, der Juden und Muslimen gleichermaßen heilig ist.

"Null Toleranz"

Bei einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hatte Orban am Donnerstag gesagt, es gebe "null Toleranz" für Antisemitismus in Ungarn. Netanjahu bezeichnete Orban als "wahren Freund Israels".

Israels Opposition hatte Orbans Besuch scharf kritisiert. Der Gast aus Budapest hatte im vergangenen Jahr mit Lob für den ungarischen rechts-autoritären Führer und Hitler-Verbündeten Miklos Horthy (1868-1957) für Irritationen gesorgt. Dieser sei ein "außergewöhnlicher Staatsmann" gewesen, sagte er damals.

Israel Besuch Orban Premierminister Ungarn
Orban mit dem israelischen Regierungschef Netanjahu (rechts) am DonnerstagBild: picture-alliance/Xinhua/M.I. Sellem

Zudem war die Regierungskampagne gegen den liberalen US-Milliardär George Soros als antisemitisch bezeichnet worden. Soros' international tätige Stiftung unterstützt mehrere Bürgerrechtsbewegungen in Ungarn. Im Juni hatte das ungarische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Flüchtlingshelfer mit Gefängnisstrafen bedroht. Orban hatte Soros vorgeworfen, über seine Organisation eine "Masseneinwanderung" in die EU zu steuern.

Warnung vor "Neo-Faschismus"

Der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin warnte bei einem Treffen mit Orban vor "Neo-Faschismus" in Europa. Nach einem Besuch des Gastes in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem hatte es am Donnerstag Proteste gegeben. Israelische Demonstranten blockierten bei der Abfahrt kurzzeitig seinen Wagen.

Benjamin Netanjahu hatte Ungarn vor einem Jahr besucht. Der israelische Regierungschef unterstützte Orban in der Vergangenheit demonstrativ. Dafür wurde er sowohl von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde in Ungarn wie auch seitens der israelischen Opposition scharf kritisiert.

Außenpolitik gegen die EU-Mehrheit

Doch Orban und Netanjahu verbinden gemeinsame Interessen. So stehen beide der Europäischen Union kritisch gegenüber. Ungarn hat sich auch dann hinter die israelische Regierungslinie gestellt, wenn eine EU-Mehrheit die Positionen nicht teilte. Erst im Mai hatte Orban eine Erklärung blockiert, mit der die Europäische Union die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem verurteilen wollte. Die Vertreter Ungarns, Rumäniens, Österreichs und Tschechiens hatten an einer israelischen Veranstaltung zur Eröffnung der Botschaft teilgenommen. Israel beansprucht ganz Jerusalem als Hauptstadt. Die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

jj/ie (dpa, afp)