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Viele Fragen zu HSV-Profi Bakéry Jatta

7. August 2019

Ist Bakéry Jatta wirklich Bakéry Jatta? Diese Frage haben deutsche Medien aufgeworfen und den HSV, bei dem Jatta spielt, in Erklärungsnot gebracht. Behörden und der DFB prüfen nun den Fall - mit ungewissem Ausgang.

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DFB-Pokal: Hamburger SV v RB Leipzig Bakery Jatta
Wie alt ist er und heißt er wirklich Bakéry Jatta? Solch einen Fall hatte der deutsche Fußball noch nichtBild: Reuters/F. Bimmer

So einen Fall hatte der deutsche Fußball noch nicht: Ist HSV-Profi Bakéry Jatta wirklich der, der er vorgibt zu sein? Und wenn ja, wie alt ist er? Diese Fragen stehen nach Medienberichten nun im Raum, und eine valide Antwort gibt es derzeit nicht. Nach Angaben der deutschen Sportzeitschrift "Sport Bild" könnte der aus Gambia stammende Jatta einen anderen Namen haben und älter als 21 Jahre sein. Nach den Recherchen soll er bei seiner Einreise nach Deutschland 2015 sowohl seinen Namen als auch sein Geburtsdatum geändert haben und eigentlich Bakary Daffeh heißen. Ehemalige Trainer hätten diese Version bestätigt. 

Der Hamburger SV, für den Jatta seit 2016 spielt, stellte in einer Stellungnahme klar, dass man "Bakéry Jattas gültigen Reisepass inklusive Aufenthaltsgenehmigung vorliegen" habe. HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann betonte, Jatta habe sich als "tadelloser Sportsmann und verlässlicher Mitspieler gezeigt. Er hat sich schnell in unsere Mannschaft und in unseren Club integriert. Wir schätzen ihn als Spieler und Menschen." Doch die Aussagen aus Hamburg bedeuten nicht, dass man den Fall zu den Akten legen kann. Denn inzwischen hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) Ermittlungen zur Identität des Spielers aufgenommen. "Das Thema ist hier bekannt, der Kontrollausschuss wird den Sachverhalt untersuchen", bestätigte der DFB-Ausschuss-Vorsitzende Rainer Nachreiner am Mittwoch.

Drohen dem HSV Konsequenzen?

Und auch die Behörden sind eingeschaltet: Das für Jatta zuständige Bezirksamt Hamburg-Mitte teilte mit, es werde "den Fall intensiv prüfen und den Hinweisen nachgehen". Dem Norddeutschen Rundfunk sagte der Bezirksamtsleiter, dass Jatta demnächst angehört werden soll. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verwies darauf, dass kein Asylantrag auf den Namen Bakéry Jatta gestellt worden sei. Die Tatsache, dass das Bundesamt diese Aussage öffentlich auf Twitter tätigte, rief Kritik von Usern hervor (siehe Tweet). Die Behörde rechtfertigt diesen Schritt mit der Tatsache, dass es sich um "eine Person des öffentlichen Lebens" und um eine Falschinformation handele.

Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat den Zweitliga-Club und den Spieler um eine Stellungnahme gebeten. Denn hier geht es auch um die sportrechtlichen Auswirkungen des Falls. Wie die DFL bestätigte, hatte der HSV vor dem Zweitligaspiel am Montag in Nürnberg die DFL vorgewarnt: "Der Hamburger SV hat die DFL vor dem Spiel gegen den 1. FC Nürnberg darüber informiert, dass es möglicherweise eine mediale Berichterstattung über die Identität des Spielers Bakéry Jatta geben wird", teilte die DFL auf Anfrage mit. "Der Spieler stand zum Zeitpunkt der Begegnung auf der Spielberechtigungsliste, insofern durfte er eingesetzt werden." Solange Jatta auf der von der DFL geführten Spielberechtigungsliste steht, darf er auch weiter spielen. Voraussetzung dazu ist ein gültiger Aufenthaltstitel. Sollte ein Aufenthaltstitel erlöschen oder durch Behörden entzogen werden, würde die Spielberechtigung entfallen. Der HSV selbst müsste allerdings nur dann eine Strafe fürchten, wenn ein strafbares Handeln des Vereins nachgewiesen werden könnte. Allerdings hat der 1. FC Nürnberg inzwischen Einspruch gegen die Wertung der 0:4-Niederlage im Punktspiel gegen den Hamburger SV eingelegt. Aus einem Sieg könnte so am grünen Tisch eine Niederlage für Hamburg werden.

Vom Amateurverein in die Bundesliga

Bakéry Jatta wurde nach derzeitigem Kenntnisstand 1998 in der Kleinstadt Gunjur im äußersten Westen Gambias geboren. Nach eigenen Angaben wuchs er dort ohne Eltern auf, musste sich selbst durchschlagen. "Es waren für mich sehr schlechte Verhältnisse in Afrika. Ich wusste, dass ich diesen schwierigen und gefährlichen Weg der Flucht auf mich nehmen musste, wenn ich die Chance auf eine Zukunft haben wollte", begründete Jatta in einem Interview auf der Vereinsseite hsv.de seine Flucht 2015 nach Deutschland. Dort lebte er zunächst in der Nähe von Bremen, besuchte eine Schule, lernte Deutsch und trainierte beim Amateurverein Bremer SV mit. Ein Probetraining bei Bundesligist Werder Bremen brachte noch nicht den gewünschten Schritt Richtung Profivertrag, auch weil es Probleme mit dem Aufenthaltstitel Jattas gab. Ein Probetraining beim Hamburger SV überzeugte den damaligen Trainer Bruno Labbadia und Jatta heuerte 2016 bei den Hamburgern an. 

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Bakéry Jatta in der Bundesliga: Bis zum Abstieg des HSV spielte er in der obersten deutschen LigaBild: Imago/J. Huebner

47 Pflichtspiele absolvierte er seitdem für den HSV, 37 weitere für Hamburgs Reservemannschaft. Seine Story liest sich wie ein Traum für viele afrikanische Talente - vom Flüchtling zum Bundesligaprofi. Und für ihn selbst fühlte es sich auch wie ein Traum an. "Ich habe ja nicht einmal gedacht, dass ich Fußballer werden würde. Ich hatte keinen konkreten Plan, wollte nur glücklich werden und ein besseres Leben führen. Das konnte ich in meiner Heimat nicht", beschrieb Jatta in einem "Bild"-Interview seine unverhoffte Entwicklung. Nun steht ein Fragezeichen hinter seiner Zukunft, wieder einmal. Zur aktuellen Kontroverse um seine Identität wollte er sich bisher nicht äußern. 

jw/gri (mit sid, dpa)