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Proteste gegen Japans Militarisierung

17. September 2015

Proteste vor, Handgemenge im Parlament: Die geplante Reform der japanischen Verteidigungspolitik sorgt auch im Inland für Unfrieden. Die Regierung will die Armee künftig zu Kampfeinsätzen ins Ausland schicken.

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Der Liberale Masahisa Sato hat Probleme mit anderen Abgeordneten (Foto: dpa)
Der Liberale Masahisa Sato hat Probleme mit anderen AbgeordnetenBild: picture-alliance/dpa/K. Mayama

Begleitet von Massenprotesten liefern sich in Japan Regierung und Opposition im Oberhaus ein heftiges Tauziehen um eine umstrittene Änderung der Sicherheitspolitik. Während rund 13.000 Menschen auf der Straße gegen das Sicherheitsgesetz demonstrierten, kam es in dem damit befassten Ausschuss der sonst eher ruhigen Parlamentskammer zu einem Handgemenge zwischen Abgeordneten von Regierung und Opposition.

Oppositionspolitiker versuchten energisch, ein Inkraftsetzen neuer Sicherheitsgesetze zur Stärkung des Militärs in letzter Minute zu blockieren. Trotzdem wurden die Gesetzesvorlagen zunächst von dem zuständigen Ausschuss bewilligt. Zuvor war das Oppositionslager mit einem Misstrauensvotum gegen den Vorsitzenden gescheitert.

Japans Ministerpräsident Shinzo Abe (l., Archivbild: Reuters)
Japans Ministerpräsident Shinzo Abe (l., Archivbild)Bild: Reuters/T. Hanai

Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe wollte die bereits vom mächtigen Unterhaus gebilligten Gesetzentwürfe noch am selben Tag auch durch die zweite Kammer bringen. Ob es dazu kommt, ist bislang unklar. Die Regierung behält sich das Recht vor, die Gesetze notfalls durch erneute Abstimmung im maßgeblichen Unterhaus zu verabschieden.

Abschied vom Pazifismus

Abe strebt eine Wende in der bislang strikt defensiv ausgerichteten Verteidigungspolitik an. Das Gesetz würde der Regierung erlauben, die Streitkräfte künftig zu Kampfeinsätzen ins Ausland zu schicken, selbst wenn die Sicherheit Japans nicht direkt bedroht ist. Mit der Reform würde eine nach dem Zweiten Weltkrieg auf Druck der USA eingeführte Bestimmung gestrichen, die den Einsatz der Streitkräfte ausschließlich zur Verteidigung des Landes erlaubt. Der Abschied von der pazifistischen Ausrichtung des Staates stößt laut Umfragen bei der Mehrheit der Bevölkerung auf Ablehnung und führte in den vergangenen Wochen zu fast täglichen Massenprotesten.

Der Oppositionsabgeordnete Tetsuro Fukuyama warf der Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe in einer emotionalen Rede die Missachtung der Meinung der Bevölkerung vor. "Hört die Regierungspartei auf die Stimmen der Öffentlichkeit? Ihr könnt machen, was ihr wollt, weil ihr die Mehrheit habt - ist es das, was ihr denkt?", sagte Fukuyama am Rande der Tränen. Die Abstimmung in dem Ausschuss war zuvor mehrfach verschoben worden, da Abgeordnete der Opposition in der Nacht die Türen und Flure des Parlaments blockierten.

Proteste gegen die geplante Reform Ende August in Tokio (Foto: Reuters)
Proteste gegen die geplante Reform Ende August in TokioBild: Reuters/Kyodo

Seit Tagen protestieren Zehntausende von Bürgern vor dem Parlament. Dort kam es am Mittwochabend zu Zusammenstößen mit der Polizei, bei denen 13 Demonstranten festgenommen wurden. Ende August nahmen nach Veranstalterangaben 120.000 Menschen an einer der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre teil. Zuletzt hatte die Atomkatastrophe von Fukushima 2012 eine ähnliche Zahl von Menschen auf die Straße getrieben.

Japan will zudem seinen Wehretat das vierte Jahr in Folge aufstocken, um die militärische Präsenz im Ostchinesischen Meer auszubauen. Unter anderem sollen Stützpunkte auf japanischen Inseln vergrößert werden, wie aus bei der Regierung eingereichten Unterlagen hervorgeht. In der Region liegen auch unbewohnte Inseln, um deren Vorherrschaft Japan und China streiten.

Das Verteidigungsministerium beantragte den Unterlagen zufolge eine Erhöhung der Militärausgaben im kommenden Haushaltsjahr um 2,2 Prozent auf umgerechnet 37,5 Milliarden Euro. Das wäre der höchste japanische Verteidigungsetat seit 14 Jahren. Sorge bereitet Japan insbesondere die wachsende militärische Macht Chinas, dessen Wehretat für dieses Jahr um rund zehn Prozent auf umgerechnet 124 Milliarden Euro stieg. Weltweit geben nur noch die USA mehr für ihre Verteidigung aus.

stu/rb (afp, dpa)