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Politik

May hält Brexit-Deal für fast fertig

22. Oktober 2018

Das Brexit-Abkommen ist zu 95 Prozent fertig – mit dieser Sicht der Dinge warb die britische Premierministerin May vor dem Parlament für ihren Kurs. Die EU-Kommission mochte der Einschätzung nur quantitativ zustimmen.

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Großbritannien Premierministerin Theresa May in London
Bild: picture-alliance/empics

Großbritanniens Regierungschefin Theresa May hat im Parlament um Rückendeckung für ihren Brexit-Kurs geworben. "95 Prozent des Austrittsabkommens" seien inzwischen ausverhandelt, sagte May. Seit dem informellen EU-Gipfel in Salzburg vor einem Monat seien wichtige Fortschritte etwa bei den Themen Sicherheit, Dienstleistungen und Transport gemacht worden, sagte May im Londoner Parlament. Sie rief den Abgeordneten zu: "Wir müssen unsere Nerven behalten."

Innerhalb ihrer eigenen Partei nimmt der Druck der Brexit-Hardliner auf May zu. Die Politiker, die einen klaren Schnitt in den Beziehungen zur EU befürworten, drohen ihr mit einer Revolte. Auf scharfe Kritik stießen aggressive Äußerungen mancher Tories. So erklärten nicht namentlich genannte Politiker in Medien, May betrete die "Todeszone". 

Wann die Brexit-Verhandlungen fortgesetzt werden, ist nach Angaben der EU-Kommission unklar. Noch sei kein neues Treffen zwischen Brexit-Minister Dominic Raab und EU-Unterhändler Michel Barnier angesetzt, sagte ein Sprecher in Brüssel. Man warte darauf, dass London wieder in die Verhandlungen einsteige. 

Es sei zwar richtig, dass der Austrittsvertrag zum größten Teil fertig sei, sagte der Sprecher. Doch fehle noch die entscheidende Einigung über die von der EU geforderte Garantie für offene Grenzen in Irland, den sogenannten Backstop. Konkret schlägt die Europäische Union vor: Solange keine andere Lösung gefunden wird, soll Nordirland - anders als das übrige Vereinigte Königreich - in der EU-Zollunion bleiben und zahlreiche Regeln des Binnenmarkts übernehmen. Das lehnt May weiter strikt ab. Dieser Backstop sei für sie nicht akzeptabel, da er in der Irischen See zu einer Zollgrenze - zwischen Großbritannien und dem Landesteil Nordirland - führen würde. "Ich denke nicht, dass irgendein britischer Premierminister das jemals akzeptieren könnte. Ich werde das sicherlich nicht tun", sagte May. 

Was wird aus Nordirland?

Sowohl London als auch Brüssel wollen zwar Kontrollen und Schlagbäume an der künftigen EU-Außengrenze zwischen der EU-Republik Irland und dem britischen Nordirland vermeiden. Denn sie befürchten, dass ansonsten wieder Unruhen in der Ex-Bürgerkriegsregion aufflammen könnten. Doch sind sie uneins über die Lösung. Der Streit blockiert die Gesamteinigung auf ein Austrittsabkommen. 

Eine Verlängerung der geplanten 21 Monate langen Übergangsphase nach dem Brexit sei "unerwünscht" und käme nur als Alternative für den Backstop infrage, sagte May weiter. Eine solche Verlängerung hatte die EU ins Gespräch gebracht, um mehr Zeit für eine Regelung zu haben. Großbritannien will Ende März 2019 die EU verlassen. 

Der Brexit-Verhandlungsführer des Europaparlaments, Guy Verhofstad
Der Brexit-Verhandlungsführer des Europaparlaments, Guy VerhofstadtBild: picture-alliance/W. Dabkowski

Unterstützung für ihre optimistische Sicht erhielt May vom Brexit-Verhandlungsführer des Europaparlaments, Guy Verhofstadt.  Er hoffe, dass bis zum nächsten EU-Gipfel im Dezember ein Ausstiegsabkommen vereinbart werde, sagte der frühere belgische Ministerpräsident in Straßburg. Er persönlich sei der Meinung, dass dies möglich sei. 90 bis 95 Prozent der Fragen seien geklärt.

Die kommenden Tage könnten zu den schwierigsten in Mays Amtszeit als Regierungschefin gehören, hieß es in britischen Medien. May musste nach Angaben der Zeitung "Telegraph" am Wochenende zwei Telefonkonferenzen mit Kabinettsmitgliedern führen, um mehr Unterstützung für ihre Brexit-Pläne zu bekommen. 

Politisch angeschlagen

Die politisch angeschlagene Premierministerin steht unter starkem Druck von mehreren Seiten. Einzelne Tories griffen May am Wochenende in Medien massiv an und drohten, ihr das Misstrauen auszusprechen. Kommen genügend Unterzeichner eines "Misstrauenbriefs" zusammen, könnten die Parlamentarier eine Neuwahl der Parteispitze erzwingen. 

Euroskeptische Konservative in Großbritannien fürchten, Großbritannien könnte in eine nie endende Zollunion mit der EU gezwungen werden und damit nie eine eigene Handelspolitik verfolgen, wie sie es sich vom Brexit erhofft hatten.

stu/nob (dpa, afp)