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Politik

NATO: Dialog mit Russland bleibt

Barbara Wesel
26. Oktober 2016

Die Aufrüstung der NATO im Osten schreitet voran. Gleichzeitig geben die Fahrt eines russischen Truppenverbandes ins östliche Mittelmeer und das Auftauchen russischer Kriegsschiffe in der Ostsee Anlass zur Sorge.

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NATO Jens Stoltenberg Brüssel
Bild: Reuters/F.Lenoir

Das heißeste politische Thema des NATO-Treffens erledigte sich am Nachmittag schlagartig von selbst: Die spanische Regierung teilte mit, dass der russische Flugzeugträger "Kuznetzov" und seine Schwesterschiffe ihre Anfrage zurückgezogen hätten, in der spanischen Exklave Ceuta auftanken zu dürfen. Der Flottenverband segelte weiter. Aus einer Routineangelegenheit war politischer Sprengstoff geworden, ein Test für die Einigkeit der NATO-Partner, nachdem Anfang der Woche der britische "Telegraph" und der liberale Europaparlamentarier Guy Verhofstadt auf den Fall aufmerksam gemacht hatten.

Die NATO-Partner begannen, hinter den Kulissen Druck auf Spanien auszuüben - schließlich seien die russischen Schiffe auf dem Weg nach Syrien, um dort das Bombardement auf Aleppo noch zu verstärken. Madrid bat also am Dienstag bei den Russen um "Klärung" ihrer Absichten, wie der Sprecher des spanischen Verteidigungsministers Diego Mazon Born in Brüssel bestätigte. Worauf Russland seine Anfrage vom September am Mittwoch zurückzog. 

Ein Versehen in Madrid?

Schon seit Beginn seiner Reise hatten die NATO-Partner den russischen Flottenverband mit Misstrauen beobachtet. Am 21. Oktober passierte er den Ärmelkanal und nahm anschließend Kurs auf das Mittelmeer. Der britische Verteidigungsminister Michael Fallon erklärte, das sei eine weitere Herausforderung der NATO, ähnlich wie die regelmäßigen Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten durch russische Jets. Fallon war es auch, der zu Beginn des Ministertreffens in Brüssel Spanien in scharfen Worten aufforderte, den Russen den Schiffsdiesel zu verweigern: "Es wäre besorgniserregend, wenn ein NATO-Partner einen russischen Verband unterstützen würde, der in Syrien vielleicht Zivilisten bombardieren will." 

Moskau zieht Anfrage zur Betankung von Kriegsschiffen in Ceuta zurück
Moskau zieht seine Anfrage zur Betankung von Kriegsschiffen in Ceuta zurück Bild: Reuters/Norwegian Royal Airforce

Und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg fügte hinzu, jedes NATO-Land müsse selbst entscheiden, wie es in einer solchen Lage handeln wolle. Allerdings errege die Entsendung der "Kuznetsov" ins östliche Mittelmeer Besorgnis und er befürchte, dass die Angriffe auf Aleppo noch verstärkt würden: "Die wahllosen Angriffe müssen ein Ende haben", appellierte er einmal mehr. "Jeden Tag sterben Männer, Frauen und Kinder. Getötet durch die scheußlichen Angriffe auf ihre Wohnungen und Krankenhäuser."

Russische Kriegsschiffe in der Ostsee

Während die NATO den Weg der Kuznetzov ins östliche Mittelmeer beobachtete, erschienen quasi unbemerkt zwei schwer bewaffnete russische Kriegsschiffe in der Ostsee, die Langstrecken-Raketen an Bord haben sollen. "Das gibt uns Grund zur Sorge", erklärte der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz. "Solche Schiffe in der Ostsee verändern die Machtbalance." 

"Das ist ein weiteres Beispiel für das Muster, das wir jetzt über einen längeren Zeitraum beobachten", sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg dazu. Man wolle nicht auf jeden Einzelfall reagieren, aber dieses Ereignis sei Teil des Gesamtbildes, auf das die NATO reagiere. "Wir zeigen erhöhte Präsenz und Bereitschaft", so Stoltenberg.

Ob er Angst vor einer Spirale der Eskalation habe? "Die NATO will keine Konfrontation mit Russland, aber wir sehen diese Aufrüstung seit längerer Zeit, verbunden mit Bedrohungsrhetorik", sagte der NATO-Chef. Und man müsse in einer schwierigen Umgebung eine glaubhafte Abschreckung aufbauen. Dennoch: "Wir suchen Dialog und Transparenz", fügte Stoltenberg hinzu und kündigte einen baldigen NATO-Russland-Rat an.

Aufrüstung der NATO im Osten

Diese glaubhafte Abschreckung soll derzeit vor allem an der nordöstlichen Grenze der NATO verstärkt werden. Auf dem Gipfeltreffen in Warschau im Juli war die Entsendung von vier Bataillonen nach Polen und in die baltischen Staaten beschlossen worden. Jetzt rückt die Umsetzung näher, denn schon Anfang Februar 2017 sollen die Kampfgruppen einsatzbereit sein. Geführt werden sie von Kanada, den USA, Großbritannien und Deutschland, und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen gab heute in Brüssel die Einzelheiten der deutschen Beteiligung bekannt.

Demnach wird die Bundeswehr das größte Kontingent einer multinationalen Truppe für Litauen stellen. Mit dabei sind Frankreich, die Niederlande, Belgien, Norwegen, Kroatien und Luxemburg. Insgesamt werden 1000 Soldaten entsandt, 450 bis 600 von ihnen kommen aus Deutschland, der Rest wird von den anderen Teilnehmern im rotierenden Verfahren aufgefüllt. Ab Herbst nächsten Jahres wird auch ein Infanteriebataillon der deutsch-französische Brigade Corps im Einsatz sein. Bis 2018 sollen die NATO-Soldaten im litauischen Militärstützpunkt Rukla Präsenz zeigen. "Ein klares Zeichen" nannte die Bundesverteidigungsministerin die Stationierung - der Stützpunkt ist gerademal 100 Kilometer von der russischen Grenze entfernt.