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Millionenspenden für US-Wahl

Michael Knigge7. Juni 2016

Nicht nur amerikanische Firmen und Gewerkschaften investieren in die US-Wahl, auch dortige Ableger europäischer Firmen sind aktiv. Die größten Spender sind bislang eine Schweizer Bank und ein britischer Rüstungskonzern.

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USA Symbolbild Zinswende
Bild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Nach einer DW-Analyse von Daten über Wahlkampfspenden haben US-Tochterfirmen von internationalen Konzernen im laufenden Wahlzyklus bislang fast zehn Millionen Dollar (9,8 Millionen Euro) an Kandidaten gespendet. Der Löwenanteil (8,6 Millionen Dollar) stammt von Firmen mit Sitz in Europa. Die Daten werden vom Center for Responsive Politics zusammengetragen und bereitgestellt. Außer Firmen mit Sitz in Europa haben sich bislang nur Unternehmen aus fünf weiteren Ländern mit Spenden an der US-Wahl beteiligt: Japan (597.000 US-Dollar), Israel (159.000), Kanada (108.000), Mexiko (61.000) und Australien (32.000).

Ausländer ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht in den USA und ausländische Firmen dürfen sich nicht mit Geldspenden an US-Wahlen beteiligen. Für US-Tochterfirmen ausländischer Unternehmen gilt dieses Verbot jedoch nicht. Wie Firmen mit Hauptsitz in den USA dürfen sie ganz legal für ihre amerikanischen Mitarbeiter und deren Familien so genannte Political Action Committees (PACs) - also Organisationen zur politischen Spendensammlung gründen. Alle PACs müssen bei der US-Wahlbehörde FEC registriert sein.

"Es überrascht mich nicht", sagt James Davis, Dekan der School of Economics and Political Science an der Universität St. Gallen in der Schweiz über das finanzielle Engagement von US-PACs durch Firmen mit Sitz in Europa.

Schweizer Bank verschafft sich Gehör

PACs und die viel undurchsichtigeren Super-PACs spielen laut Davis heutzutage eine gewichtige Rolle in der Formulierung und Artikulation politischer Interessen. Dieser Trend habe sich seit dem historischen Citizens United-Urteil des Obersten Gerichts stetig verstärkt. Durch das Urteil aus dem Jahr 2010 wurden die Regeln zur Wahlkampffinanzierung drastisch gelockert. "Heutzutage verschafft man sich in der amerikanischen Politik Gehör, indem man eine große Spende macht", betont Davis.

Der mit Abstand größte Spender einer PAC mit Auslandsbezug ist die Schweizer Großbank UBS. Von deren US-PAC flossen bislang 741.750 Dollar an Kandidaten für die US-Kongresswahl, dass meiste davon an Republikaner. Unter den Empfängern der UBS PAC-Gelder sind beispielsweise die republikanischen Kongressabgeordneten Jeb Hensarling und Sean Duffy. Hensarling ist Vorsitzender des Ausschusses zur Aufsicht der Finanzdienstleistungsbranche des US-Repräsentantenhauses. Duffy hat den Vorsitz des Unterausschusses zur Überwachung der Finanzdienstleister. Beide erhielten die Höchstspende von je 10.000 Dollar.

Von der DW zu Einzelheiten ihrer Spendenpraxis für die US-Wahl befragt, erklärte UBS schriftlich, "dass die UBS PAC gleichmäßig für politische Kandidaten beider Parteien spendet mit dem Ziel sich mit Repräsentantenhaus und Senat über politische Themen auszutauschen." Die Bank ergänzte, dass "die UBS PAC keine Spenden für Präsidentschaftskandidaten, Parteitage oder Super-PACs tätigt."

Infografik Europäisches Geld US Wahl Deutsch

Britischer Rüstungskonzern und französisches Pharmaunternehmen

Zweitgrößter Spender ist die Rüstungsfirma BAE Systems. Von der BAE Systems USA PAC flossen bislang 412.500 Dollar an Kandidaten für die Kongresswahl, überwiegend an Republikaner. Die größten Spenden (je 10.000 Dollar) erhielten unter anderem die republikanischen Kongressmitglieder Mac Thornberry und John McCain. Thornberry ist Vorsitzender des Militärausschusses im Repräsentantenhaus, McCain Vorsitzender des Militärausschusses im Senat. BAE Systems reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Die drittgrößte PAC mit Auslandsbezug ist die Spendensammelvereinigung des US-Ablegers des französischen Pharmakonzerns Sanofi. Von ihr gingen bislang 404.975 Dollar an Kandidaten zur Kongresswahl. Zu den Empfängern gehört unter anderem der republikanische Kongressabgeordnete Fred Upton (9000 Dollar). Upton ist Vorsitzender des Energie und Handelsausschusses des US-Repräsentantenhauses. Der Ausschuss ist unter anderem für das öffentliche Gesundheitssystem sowie für medizinische Forschung zuständig.

Sanofi erklärte auf DW-Anfrage zur Spendenpraxis per E-Mail, dass die Spenden des US PAC der Firma für die Kandidaten für die US-Wahlen "auf freiwilliger Basis von Sanofi-Mitarbeitern erfolgen, nicht von der Sanofi Corporation oder deren Töchterfirmen." Die Entscheidungen über Spenden "werden von einem aus Sanofi-Mitarbeitern bestehenden Verwaltungsrat gefällt und von einem externen Berater unterstützt." Um für Spenden in Frage zu kommen, müssten Kandidaten ein nachweisbares Engagement für medizinische Innovation und Forschung vorweisen, sowie über Integrität und Führungsqualitäten im Bereich medizinischer Forschung und Entwicklung verfügen, erklärte das Unternehmen.

Deutscher Chemiegigant

Die größte PAC mit Deutschlandbezug gehört zur US-Tochter des deutschen Chemieriesen BASF. Sie liegt auf Platz 5 der PACs mit ausländischen Wurzeln. Die amerikanische Spendensammelvereinigung von BASF hat bislang 312.250 Dollar an Kongresskandidaten überwiesen. Zu den Empfängern mit den größten Spenden (8500 Dollar) zählt der Republikaner Kevin McCarthy, der derzeitige Mehrheitsführer im US-Repräsentantenhaus.

Zum Spendenverhalten der US PAC erklärte BASF per E-Mail dass die "finanzielle Unterstützung von Kandidaten auf verschiedenen Faktoren beruhe, darunter die Positionen der Kandidaten zu politischen Fragen, die Mitgliedschaft in einem relevanten Ausschuss oder etwa, ob ein Kandidat einen Wahlkreis vertritt, in dem sich BASF angesiedelt hat oder in dem viele Mitarbeiter wohnen."

Das Unternehmen erklärte weiter, dass die US PAC "keine Spenden für Präsidentschaftskandidaten mache" und dass die PAC, "von unseren Mitarbeitern in den USA gegründet wurde und eine unabhängige, staatlich registrierte Mitarbeiterorganisation ist, die Spenden für politische Zwecke sammelt und unabhängig darüber entscheidet wie diese verwendet werden."

USA Repräsentantenhaus
Der Großteil der Spenden fließt an Kongressabgeordnete.Bild: Imago/M. Aurich

Strategische Spenden

Das Spender für PACs - ob die eines Unternehmens oder einer Gewerkschaft - dies völlig unabhängig von jeder Art von Einfluss tut, "kann man nur glauben, wenn man auch an die Zahnfee glaubt", sagt Professor James Davis. "Ich halte die Unabhängigkeitsbekundungen für nicht sehr überzeugend."

Denn die meisten PACs setzen ihr Geld sehr gezielt und strategisch ein. Laut Davis gibt es eindeutige Gründe, warum die meisten Gelder an Republikaner fließen oder warum bestimmte Branchen und Personen für Spenden ausgewählt werden. "Die Spenden gehen an Republikaner, weil die Republikaner den Kongress kontrollieren", sagt Davis.

Genau so wenig ist es Zufall, dass Vorsitzende von Ausschüssen oder Unterausschüssen in wichtigen Branchen bedacht werden, ergänzt Davis. "Das ist strategisches Verhalten, bei dem es nicht darum geht, Einfluss zu kaufen, sondern Zugang, damit die Leute sich erinnern, wer gespendet hat. Und wenn man dann einmal ein Meeting braucht, um seine Position zu erklären, dann bekommt man eben dieses Meeting."

Besondere Branchen

Generell, so Davis, häuften sich Spenden in Bereichen, wo staatliche Regulierung eine wichtige Rolle spielt. Dazu zählten der Pharmasektor, die Finanzbranche oder Branchen mit Bezug zu Umweltschutzthemen. Und es sind Bereiche, in denen staatliche Abnehmer eine bedeutende Rolle spielen, wie etwa in der Rüstungsindustrie.

Dass die meisten PACs mit Auslandsbezug sich bislang auf die Kongresskandidaten konzentrieren, ist ebenfalls wenig überraschend. Der Kongress macht die Gesetze und entscheidet über die Verwendung der Haushaltsmittel. Darum, so Davis, ist es eine bessere Investition, Gelder an etablierte Kongressmitglieder zu überweisen als an Präsidentschaftskandidaten, besonders wenn diese sich noch in der Vorwahl befinden.

Die Spende in Höhe von 4000 Dollar durch die PAC von T-Mobile USA, einer Tochter der Deutschen Telekom, an den früheren republikanischen Präsidentschaftskandidaten Marco Rubio stellt deshalb auch eine Ausnahme dar. T-Mobile's US PAC spendete aber auch mehr als 220.000 Dollar an Kongressabgeordnete.