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Merkel spricht mit Flüchtlingen

26. August 2015

Kanzlerin Merkel wurde vorgeworfen, sie habe in der Flüchtlingsdebatte zu lange geschwiegen. Nun reiste sie nach Heidenau, wo die Lage eskaliert war. Bundespräsident Gauck besuchte in Berlin eine Asylunterkunft.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Ankunft vor der Flüchtlingsunterkunft in Heidenau (reuters)
Bild: Reuters/A. Schmidt

Nach den Übergriffen auf Flüchtlingsheime und massiven Auseinandersetzungen mit rechtsradikalen und ausländerfeindlichen Randalierern zeigen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck Flagge: Getrennt voneinander besuchen sie an diesem Mittwoch Unterkünfte im sächsischen Heidenau und in Berlin.

Die Regierungschefin traf in der Kleinstadt bei Dresden ein, wo sie mit Flüchtlingen, Helfern und Sicherheitskräften sprechen wollte. Es ist das erste Mal in ihrer Amtszeit, dass sie eine Asylunterkunft besucht. Bei Merkels Ankunft gemeinsam mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich (Artikelbild l.) gab es auch Buh-Rufe und Pfiffe und eine Gruppe rechtsgerichteter Demonstranten skandierte "Volksverräter, Volksverräter".

Rechtsradikale hatten in Heidenau Asylbewerber bedroht und Polizisten angegriffen. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte den Ort bereits am Montag besucht und die Angreifer als "Pack" bezeichnet. Seither sieht sich die SPD-Zentrale mit rassistischen Reaktionen konfrontiert, sogar eine Bombendrohung ging ein. Merkel hingegen sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, sie schweige in dieser wichtigen Frage und scheue die offene Auseinandersetzung.

"Dunkeldeutschland"

Gauck informierte sich im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf über die Lage der Migranten und die Arbeit der Helfer. In dem Gebäude leben derzeit über 500 Menschen. Gauck lobte die "vielen Freiwilligen, die zeigen wollen, es gibt ein helles Deutschland, das sich hier leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindlichen Aktionen gegen Menschen hören." Die Helfer seien die überdeutliche Antwort an Hetzer und Brandstifter. Gegen "solche Kräfte" müssten Polizei und Gerichte frühzeitig einschreiten.

Jeden Tag Angriffe auf Flüchtlinge

Zwei neuerliche Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte sorgten am Mittwoch für Entsetzen und Empörung. In Parchim bei Schwerin drangen zwei betrunkene Männer mit einem Messer auf das Gelände des Asylheims vor. Bei ihrer Festnahme gaben die beiden polizeibekannten Angreifer ausländerfeindliche Kommentare ab. In Leipzig warfen Unbekannte einen Brandsatz durch das offene Fenster eines Hauses, in das in dieser Woche mehr als 50 Asylbewerber einziehen sollten. Die Feuerwehr konnte einen größeren Brand verhindern. Erst in der Nacht zum Dienstag war im brandenburgischen Nauen eine als Notquartier vorgesehene Turnhalle angezündet worden.

Hilfe verdoppelt

Das Bundeskabinett beschloss mehr finanzielle Hilfen des Bundes für Länder und Kommunen bei der Aufnahme und Versorgung von Asylbewerbern. In diesem Jahr sollen dazu insgesamt eine Milliarde Euro bereitgestellt werden. 500 Millionen Euro stehen bereits zur Verfügung, weitere 500 Millionen sollen von 2016 auf 2015 vorgezogen werden. Zur weiteren Koordination von Bund und Ländern ist für 24. September ein Flüchtlingsgipfel in Berlin geplant.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks kündigte an, die Zuschüsse an die Länder für den sozialen Wohnungsbau von aktuell jährlich 518 Millionen bis zum Jahr 2019 mindestens zu verdoppeln. Ziel sei es, gerade auch für Flüchtlinge mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sagte Hendricks der Zeitung "Die Welt".

Um den Bau von Flüchtlingsunterkünften zu beschleunigen, sei sie bereit, auf Klimaschutz und Energieeinsparungen zu verzichten. Hendricks forderte zudem, vermehrt Kasernen umzubauen und als Unterkünfte für Flüchtlinge zu nutzen.

sc/stu (dpa, afp, epd, ARD)