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Politik

"Menschlich enttäuscht"

Maximiliane Koschyk
5. November 2018

Der umstrittene Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen muss gehen. Nicht nur für seinen Vorgesetzten, Innenminister Horst Seehofer, gelten Maaßens jüngste Äußerungen als "inakzeptabel".

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Deutschland Berlin | Horst Seehofer, Innenminister CSU | Statement Hans-Georg Maaßen
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Auch wenn es formell nur ein einstweiliger Ruhestand ist, stellt Innenminister Horst Seehofer klar: Die Zusammenarbeit mit Hans-Georg Maaßen als Leiter des Amtes für Verfassungsschutzes ist hiermit beendet. Beim Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hatte Seehofer an diesem Montag erbeten, den ihm unterstellten Geheimdienstchef aus seinem Amt entlassen zu dürfen. Bis Steinmeier entscheidet, soll Maaßen von allen Pflichten freigestellt werden. Einen Nachfolger soll das Bundeskabinett bestimmen, die kommissarische Leitung des Verfassungsschutzes wird nach Aussage Seehofers Maaßens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang übernehmen.

Bevor Seehofer diese Entscheidung im Innenministerium vor laufenden Kameras verkündet, hadert er, geht einige Schritte, bevor er ans Podium tritt. "Natürlich ist man ein Stück auch menschlich enttäuscht", erklärt er auf Nachfrage, warum er sich jetzt und nicht schon vor Wochen zu diesem Schritt entschieden habe.

Ist die Causa Maaßen jetzt abgeschlossen?

Seit Monaten schwelt die Kontroverse um den Spitzenbeamten, der bereits unter früheren Innenministern wie Otto Schily (SPD) und Wolfgang Schäuble sowie Thomas de Maizière (beide CDU) im Innenministerium tätig war. Als er nach den Ausschreitungen in Chemnitz in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung Übergriffe auf ausländisch aussehende Bürger relativierte und ohne Untersuchung durch seine Mitarbeiter in Frage stellte, geriet der Geheimdienstler in die Kritik, politisch motiviert zu handeln.

Deutschland Hans-Georg Maaßen, ehemaliger Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz
Hans-Georg Maaßen: Aus beim Verfassungsschutz und keine Zukunft mehr im InnenministeriumBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sohn

Als Regierungspartner forderte die SPD damals seinen Rücktritt, doch Seehofer stellte sich hinter Maaßen. Die Koalitionspartner einigten sich darauf, dass Maaßen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Doch auch damit war die Causa Maaßen nicht beendet: Es hagelte Kritik, dass Maaßen damit de facto befördert werden würde. Stattdessen sollte er schließlich im Rang eines Abteilungsleiters Sonderbeauftragter für europäische und internationale Aufgaben werden. Doch auch diese Aufgabe werde Maaßen nicht wahrnehmen, erklärte nun Seehofer.

Seehofer über Maaßens Rede: "Inakzeptabel"

Auslöser für Seehofers Sinneswandel war eine Abschiedsrede Maaßens vor anderen europäischen Geheimdienstchefs im Oktober, deren Inhalt in der vergangenen Woche bekannt wurde. Darin hatte Maaßen von "linksradikalen Kräften" in der sozialdemokratischen Partei SPD gesprochen und sich selbst als Kritiker einer "naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik" bezeichnet, wie die Nachrichtenagentur dpa und der Süddeutschen Zeitung berichteten. Ihnen liegt das Skript von Maaßens Vortrag im Wortlaut vor, nachdem es im Intranet des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlicht wurde.

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, so Seehofer. Besonders gestört hätten ihn an Maaßens Rede mehrere Dinge: "Dieses Redemanuskript enthält inakzeptable Formulierungen", sagte Seehofer zudem. Er kritisierte auch die Aussagen, die Maaßen zum Regierungspartner SPD getätigt hatte.

Für die große Koalition waren die Querelen um Maaßen zur Belastungsprobe geworden. Dreh- und Angelpunkt dieser Krise war wie im Asylstreit aber nicht der Geheimdienstchef selbst, sondern der ihn schützende Innenminister.

Seehofer "voll verantwortlich"

Seehofer scheint zumindest den Schaden, den der Fall seiner eigenen Regierung zugefügt hatte, zu sehen: "Ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass mir das Signal dieser Entscheidung wichtig ist: Nämlich die sachorientierte Arbeit in der Koalition zu unterstützen und auch voranzutreiben", sagte Seehofer versöhnlich.

Die SPD begrüßte Seehofers Entscheidung: "Es ist gut, dass Herr Maaßen jetzt sein Amt aufgeben muss, und der Innenminister ihn abberufen hat", sagte Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz. Die Entscheidung sei "richtig und überfällig".

Doch auf Seehofer lastet weiter Druck, zumindest machen das die Oppositionsparteien deutlich. "Der Bundesinnenminister ist für dieses Desaster voll verantwortlich", sagte der Grünen-Politiker Konstantin von Notz. Die Abberufung Maaßens sei zu spät gekommen, kritisierte der Innenpolitiker.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht ihren Innenminister für dieses Debakel in der Verantwortung. Ihren Sprecher Steffen Seibert ließ sie schon am Vormittag erklären, sie gehe davon aus, dass Seehofer bezüglich Maaßen "zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft". Ob damit auch ein Rücktritt Seehofers gemeint ist, ließ sie aber offen.

Merkel selbst hatte noch vor genau einer Woche ihren schrittweisen Rücktritt aus der Politik erklärt. Gegen Seehofer selbst waren ähnliche Forderungen nach der Landtagswahl in Bayern laut geworden. Folgen will Seehofer ihnen bislang aber nicht.