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Merkel kann nur noch scheitern

14. Februar 2016

Zwei Abwesende haben die Münchner Sicherheitskonferenz bestimmt: Angela Merkel und Wladimir Putin. Die Bundeskanzlerin kämpft ums politische Überleben, und den russischen Präsidenten freut‘s - meint Christian F. Trippe.

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Angela Merkel im Regen - Foto: Getty Images/S.Gallup
Bild: Getty Images/S.Gallup

John McCain ist ein politischer Haudegen. Der Republikaner aus Arizona liest den Europäern einmal im Jahr die Leviten und gefällt sich in seiner Rolle als knorrige Kassandra der Sicherheitspolitik. Sein Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz gehört zur transatlantischen Folklore. Dieses Jahr aber begann McCain seine Rede mit einem bemerkenswerten, weil aus seinem Mund unerwarteten Lob: Er dankte Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Führungsstärke.

Merkel verliert Verbündeten

Es hat sich bis in die USA herumgesprochen, dass die deutsche Bundeskanzlerin unter einem politischen Druck steht, der sie das Amt und die Amerikaner eine verlässliche Verbündete kosten könnte. Merkel war dieses Jahr nicht auf der Sicherheitskonferenz, aber ihr politisches Schicksal ist in München gleichwohl mitverhandelt, vielleicht sogar mitentschieden worden.

Auf offener Bühne hat der französische Premier Manuel Valls in München klargestellt, dass sein Land die deutsche Flüchtlingspolitik ablehnt. Frankreich will keine zusätzlichen Flüchtlinge aufnehmen; und Paris stemmt sich gegen Merkels Plan, in der EU eine Art Verteilschlüssel für Migranten verbindlich zu machen. Damit verliert Merkel auch die letzte Hoffnung auf einen kräftigen Verbündeten in der Flüchtlingsfrage. Auf dem EU-Gipfel nächste Woche kann sie nur noch scheitern.

Kraftlose Diplomatie in der Ukraine-Krise

Christian F. Trippe - Foto: DW
DW-Korrespondent Christian F. TrippeBild: DW

Dabei hat die Flüchtlingskrise bereits jetzt so viel ihrer politischen Energie absorbiert, dass Merkel - von vielen unbemerkt - auch auf einem anderen Feld das Heft des Handelns verliert. Vor gut zwei Jahren, als Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte und einen separatistischen Aufstand in der Ost-Ukraine mit Waffen und Kämpfern unterstützte, übernahm Deutschland die Führung in der Krisendiplomatie. Die USA hielten sich zurück, US-Präsident Barack Obama ließ der Deutschen den Vortritt.

In den letzten Wochen aber schalteten sich die USA verstärkt in die Ukraine-Krise ein und versuchten mit den Mitteln stiller Diplomatie dem sogenannten Minsk-Abkommen neues Leben einzuhauchen. In Geheimverhandlungen loteten die Amerikaner bei den Russen aus, ob das Abkommen überhaupt noch zu retten ist. Sicherlich käme Obama im Herbst seiner Präsidentschaft ein friedenspolitischer Erfolg gerade Recht. Doch dahinter steht mehr: Die deutsche Ukraine-Diplomatie ist in den letzten Monaten kraft- und saftlos geworden.

Moskau kommt Schwächung Merkels gelegen

Ein Zusammenhang springt dabei ins Auge: Je mehr Flüchtlinge nach Deutschland kamen, desto weniger politische Energie konnte das Kanzleramt für andere Themen aufwenden. In diesem sehr offensichtlichen Wechselspiel wollen manche Beobachter eine gigantische Verschwörung erkennen: In Syrien erzeugen Wladimir Putins Bomben auf Baschar al-Assads Gegner immer mehr Flüchtlinge, deren Zustrom nach Deutschland wiederum Merkel schwächt und vielleicht zu Fall bringt. Womit ja bewiesen wäre, dass Putin wie ein Puppenspieler Flüchtlingsströme lenken und Kanzlerinnenschicksale entscheiden kann. Nun ja, auch eine Nummer kleiner bleibt der Befund auffällig: Ohne Frage kommt Russland die Schwächung Merkels gelegen; auf der andere Seite sorgen sich selbst die USA, dass die Flüchtlingskrise das europäische Projekt insgesamt und akut die Kanzlerschaft Angela Merkels bedroht.

Diese weltpolitische Gemengelage schlich sich auf der Sicherheitskonferenz sogar in den Festsaal. Wegen ihrer Flüchtlingspolitik wird Merkel in Deutschland vor allem vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer kritisiert. Er ist der Kanzlerin vor kurzem auch außenpolitisch in den Rücken gefallen, mit einem Besuch bei Putin in Moskau. Diesen Besuch wiederum fand Senator John McCain so unappetitlich, dass er am Samstagabend einer Einladung Seehofers zum festlichen Dinner in München nicht folgte.

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