Experiment mit ungewissem Ausgang
Zum Ende der jährlichen Tagung des chinesischen Volkskongresses gab sich Regierungschef Li Keqiang noch einmal optimistisch: Zwar räumte er durchaus Probleme bei der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas ein. Aber es gebe mehr Hoffnung als Schwierigkeiten. Dass China die beschlossenen Ziele verfehlen werde, sei ausgeschlossen. Und nein, eine harte Landung der Wirtschaft werde es nicht geben.
Ambitionierte Ziele
Zuvor hatten die Delegierten den neuen Fünf-Jahres-Plan verschiedet, der durchaus ambitionierte Ziele enthält: Das jährliche Wachstumsziel bis 2020 liegt bei 6,5 Prozent. Wirtschaftsleistung und Einkommen sollen sich bis 2020 gegenüber 2010 verdoppeln. Armut soll drastisch reduziert werden. China muss also in den nächsten Jahren nichts weniger tun, als sich wirtschaftlich komplett neu zu erfinden: weg von der Werkbank der Welt, hin zu mehr Innovationen, Binnenkonsum und mehr Dienstleistungen.
Dass die geplanten Wirtschaftsreformen in die richtige Richtung gehen, ist unbestritten. Allerdings zeigte sich in den vergangenen Monaten wiederholt, dass es bei der Umsetzung hakt. Und die Frage, ob dieses chinesische Experiment gelingen wird, ist vollkommen offen. Wie groß die Herausforderung ist, zeigten in den zurückliegenden Tagen auch Proteste tausender Bergarbeiter im Nordosten Chinas. Sie haben bereits seit Monaten keinen Lohn mehr erhalten. Chinas Kohlbergbau kämpft mit massiven Überkapazitäten. Allein in der Kohle- und Stahlindustrie sollen nach Angaben Pekings 1,8 Millionen Arbeitsplätze wegfallen.
Großer sozialer und politischer Sprengstoff
Ein enormer sozialer Sprengstoff, der an den Grundfesten der Legitimation der Kommunistischen Partei rüttelt. Jahrzehntelang stand sie für das Versprechen, dass es den Chinesen heute wirtschaftlich besser geht als gestern, und morgen besser gehen wird als heute. Sollten die Wirtschaftsreformen fehlschlagen, wären die sozialen und politischen Folgen unabsehbar. Die chinesische Führung ist sich dieser Gefahr äußerst bewusst. Während der Tagung des Volkskongresses sickerten auch die neuesten Zensurrichtlinien durch. Darin heißt es: Negative Meldungen - etwa über den Aktienmarkt - sind tabu. Stattdessen sollen die Medien über Beispiele eines stabilen Wachstums berichten.
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