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Deutschlands Exporte und Trumps Ärger

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Henrik Böhme
9. Februar 2017

Der neue Rekord bei den deutschen Exporten dürfte Wasser auf die Mühlen des Protektionisten Donald Trump sein. Blöd nur, dass eine starke deutsche Wirtschaft auch den USA nützt, meint Henrik Böhme.

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Container der Reederei "Hamburg Süd"
Bild: picture alliance/A. Heimken

Diese Meldung aus Deutschland wird ihn wieder mächtig ärgern, den neuen Mann im Weißen Haus. Womöglich twittert er seine Wut gleich nach dem Aufstehen in die Welt hinaus. Hier schon mal ein Textvorschlag, Mr. President: "Da, wieder so ein Beispiel, wie diese Deutschen unsere Wirtschaft platt machen und Jobs zerstören. Überschwemmen unseren Markt mit ihren Produkten." 

Aber gemach, gemach. Diese schlichte Sicht auf die komplizierte Welt der Handelsverflechtungen bringt niemanden weiter. Ja, es ist richtig: Deutschland ist ein wirklich wichtiger Exporteur, und zwar der drittgrößte der Welt. Nummer Eins sind die Chinesen, Nummer Zwei, richtig: die USA! Warum wohl regt sich in Deutschland darüber niemand auf? Weil zum Handel immer zwei gehören. Einer will etwas verkaufen, das der andere braucht. Und weil in Deutschland anerkannt und akzeptiert ist, dass die USA noch immer die mächtigste Wirtschaftsnation der Erde sind. Die USA, und nicht China. 18 Billionen Dollar Wirtschaftsleistung bei 320 Millionen Einwohnern. That's great, Mr. President! 18 Billionen - das ist weit mehr, als die Chinesen mit viermal so vielen Leuten schaffen.

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Die Logik des Geschäfts

Es war auch keine deutsche Entscheidung, arbeitsintensive US-Produktion ins Ausland zu verlagern. Die traurige Story des Verfalls der Autoindustrie in und um Detroit zum Beispiel, sie hat auch etwas mit schlechter Modellpolitik und Qualität zu tun. Nicht damit, dass deutsche Autos nach Amerika verschifft werden. Und wenn Mr. President auf der 5th Avenue in New York so viele Autos mit dem Mercedes-Stern sieht - in Deutschland aber kaum Chevrolet: Das könnte daran liegen, dass der Mutterkonzern General Motors (aus Detroit!) vor ein paar Jahren entschieden hat, die Marke in Europa nicht weiter zu verwenden. Einzig mit Opel und Vauxhall ist man auf dem alten Kontinent unterwegs. Opel hingegen sieht man in Deutschland zuhauf. Also nochmal einfach: Jeder in Deutschland verkaufte Opel füllt die Kassen von General Motors. Das schafft oder erhält auch Arbeitsplätze in Detroit. Und das ist mit vielen anderen Produkten genau so.

Die Deutschen kaufen wie verrückt

Die Kritik an Deutschlands Exportkraft ist weder neu noch richtig noch originell. Natürlich könnte Deutschland seinen riesigen Exportüberschuss verkleinern, wenn der Staat mehr investieren würde. Aber mal angenommen, die Regierung würde beschließen, alle Schulen des Landes renovieren zu lassen: Was hätten Amerikas Unternehmen davon? Oft kommt auch der Vorschlag, das Lohnniveau anzuheben, damit die Deutschen mehr kaufen können - auch Produkte, die nach Deutschland importiert werden müssten. Nur: Erstens sind Lohnverhandlungen Sache der Tarifparteien. Und zweitens kaufen die Deutschen angesichts der sehr guten Beschäftigungslage sowieso schon wie verrückt. Die Inlands-Nachfrage ist der Haupttreiber des Wachstums in Deutschland.

Und übrigens: Nicht nur die deutschen Ausfuhren sind im vergangenen Jahr gestiegen, auch die Importe haben auf einen neuen Rekordwert zugelegt: Deutschland ist der drittgrößte Importeur der Welt.

Die Sache mit dem schwachen Euro

Gut, dann wäre da noch der "schwache" Euro, mit dem die Deutschen angeblich die USA und andere Länder "ausbeuten". Welch ein Unsinn! Erstens ist der Euro keine deutsche Währung, sondern Zahlungsmittel in 19 europäischen Ländern. Entscheidungen trifft die Europäische Zentralbank, die geführt wird vom Italiener Mario Draghi. Der sorgt mit einer Nullzins-Politik und einem gigantischen Programm zum Kauf von Anleihen dafür, dass der Euro schwach ist. Der größte Kritiker dieses Kurses ist der deutsche Vertreter im EZB-Rat, Bundesbank-Chef Jens Weidmann. 

Vielleicht sollte man anerkennen, dass die deutschen Unternehmen einfach ihre Hausaufgaben machen. Dass die meist mittelständisch geprägten Maschinenbauer eben genau wissen, was ihre Kunden wollen. Dass man seine qualifizierten Arbeitskräfte in der Krise nicht einfach gefeuert hat. Dass deutsche Autobauer auch in den USA Tausende Jobs sichern. Vielleicht lohnt sich für Mr. President einfach nur mal ein Blick auf die Wirklichkeit. Auch in Zeiten alternativer Fakten. 

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58