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Hörmann: "Keine Medaillenvorgabe für Rio"

Jens Krepela3. Februar 2016

Hochmotiviert, doch ohne Medaillenvorgabe soll das deutsche Olympiateam nach Rio reisen. Und wie nebenbei der deutsche Spitzensport fit für die Zukunft gemacht werden soll, verrät DOSB-Präsident Hörmann im DW-Interview.

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Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, im Porträt (Foto: picture-alliance/dpa/C. Seidel)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Seidel

DW: Der deutsche Spitzensport hat in den vergangenen Jahren international etwas an Boden verloren. Sie möchten im DOSB einige grundlegende Dinge ändern. Ist der deutsche Spitzensport nicht professionell genug?

Alfons Hörmann: Das ist mir zu einfach formuliert. Ich denke, dass wir tagtäglich den Nachweis erbringen, dass viel Professionalität drinsteckt. Wir sind in vielen Sportarten nach wie vor in der absoluten Weltspitze oder sogar an der Weltspitze. Aber es wäre schöngeredet, wenn wir nicht auch die zweite Seite der Medaille sehen, nämlich zahlreiche Sportarten, in denen wir zumindest tendenziell an Bedeutung verlieren. Genau deswegen haben wir mit Thomas de Mazière, unserem zuständigen Innenminister, verabredet, dass wir eine sehr konsequente Analyse der derzeitigen Leistungssportstrukturen vornehmen. Darüber werden wir diskutieren und auch in den kommenden Monaten entscheiden, was wir tun müssen, um auch dauerhaft gute Perspektiven für die Fachverbände und gute Perspektiven für die Athletinnen und Athleten zu bieten.

Sie setzen sich dafür ein, entscheidende Positionen in den Fachverbänden durch mehr hauptamtliche Mitarbeiter zu besetzen. Das das ist doch eine Professionalisierung, oder?

Die deutsche Fahne weht vor dem Hintergrund winkender Menschen (Foto: picture-alliance/dpa/M.Kappeler)
Sportliche Großereignisse erfordern viele helfende HändeBild: picture-alliance/dpa/M.Kappeler

Ich bin ein klarer Verfechter einer gesunden Mischung zwischen Haupt- und Ehrenamt. Wo wäre der deutsche Sport ohne die 8,6 Millionen Ehrenamtlichen die in der Summe rund 300 Millionen Stunden pro Jahr leisten? Der Sport hat sich aber weiter entwickelt. Deshalb ist in vielen Strukturen das ehrenamtliche Engagement alleine nicht mehr ausreichend. In der Konsequenz bedeutet das, dass wir mehr und mehr, bis hin zur Vereinsebene, hauptberuflich engagierte Mitarbeiter brauchen, die sich dem Thema der Sportentwicklung widmen. Insofern ist jeder Verband, jeder Verein aufgefordert, sich auch diesem Thema zu stellen, weil man am Ende auch den veränderten Anforderungen Rechnung tragen muss.

Stichwort Spitzensportförderung: Auch da wollen sie ran, wollen Grundlegendes verändern. Auf was muss man sich da einstellen?

Nach Jahrzehnten ohne große Weichenstellungen haben wir uns mit Thomas de Mazière darauf geeinigt, dass wir eine grundlegende Analyse des deutschen Leistungssports vornehmen wollen. Das geschieht seit einem Jahr. In den kommenden Monaten wollen wir über denkbare und notwendige Anpassungen diskutieren. Nach den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro, die uns auch noch wichtige Erkenntnisse liefern können, werden wir im vierten Quartal 2016 die notwendigen Veränderungen vornehmen, damit der deutsche Leistungssport auch in Zukunft eine gute Perspektive hat.

Kommen wir zur Sportpolitik: Im Herbst gab es mit dem Nein von Hamburg zu Olympia einen herben Rückschlag für den Sport in Deutschland. Wie wollen Sie das verlorene Vertrauen in die großen Sportverbände zurückgewinnen?

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (l.) und DOSB-Präsident Alfons Hörmann (r.) stehen vor dem Schritzug "Hamburg 2024" (Foto: Axel Heimken/dpa)
Kein "Hamburg 2024": DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (l.)Bild: picture-alliance/dpa

Die Ablehnung ist ja wohl unter anderem auch auf die Hiobsbotschaften international zurückzuführen. Aber es muss auch erst jeder einmal vor seiner eigenen Haustüre kehren. Im DOSB selbst sind wir dabei, all diese notwendigen Anpassungen der Struktur, der Satzungen, der Unternehmensführung professionell umzusetzen. Stichwort "Good Governance" , "Compliance" und all diese Themen. Wir haben auch versucht unsere Mitgliedsorganisationen zu ermutigen den gleichen Weg zu gehen. Aus vielen Gesprächen wissen wir, dass viele genau in diesem Sinne unterwegs sind. Damit wollen wir national eine Konstellation schaffen, dass, wie auf der Vereinsebene, auch in nationalen Organisationen, genau die Portion Vertrauen gegeben ist, die wir brauchen, um die Dinge erfolgreich zu gestalten. Und zweitens ist dann die Frage: Wie geht es mit den internationalen Verbänden weiter? Auch dort gibt es an vielen Stellen Reformbedarf.

Welchen Einfluss können Sie da ausüben?

Das lässt sich von zwei Seiten betrachten. Zum einen hat Thomas Bach (IOC-Präsident und Vorgänger Hörmanns im Amt des DOSB-Chefs, Anm. d. Redaktion), unserer Meinung nach, auf der IOC-Ebene, hervorragende Dinge initiiert und wirklich vorbildliche Verbandsführung wiederum im Sinne des weltweiten Vorbilds umgesetzt. Zum anderen müssen wir auch über unsere Vertreter in den internationalen Gremien unablässig und unnachgiebig daran arbeiten, dass auch in diesen internationalen Organisationen, die Wertvorstellungen, die man mit Sport verbindet, zur Entfaltung kommen. Das ist ein hartes aber notwendiges Konzept, das wir da verfolgen.

Das bedeutet, auch große Sportveranstaltungen werden wieder nach Deutschland kommen?

Daran habe ich keinen Zweifel. Deutschland war, ist und bleibt einer der ganz großen Sportausrichter. Wir haben unzählige herausragende Weltcups, wir sind regelmäßiger Ausrichter von Weltmeisterschaften und dann wird es eines Tages auch mit der Frage nach olympischen Spielen klappen.

Das Foto zeigt die Maskottchen der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 in Brasilia (Foto: picture-alliance/dpa/A.Ferro/Rio 2016)
Rio 2016: Katzenfigur Vinicius (l.) als Maskottchen für die Sommerspiele und Paralympics-Maskottchen TomBild: picture-alliance/dpa/A.Ferro/Rio 2016

Blicken wir auf die Olympischen Spiele in diesem Sommer in Rio de Janeiro. 44 Medaillen soll das deutsche Team mindestens holen. Welchen Sinn hat eine solche Vorgabe?

Ich höre von dieser Vorgabe zum ersten Mal. Woher haben Sie die Information?

Aus der Zeitung.

Nicht alles, was in der Zeitung steht, stimmt.

Gibt es eine Medaillenvorgabe des DOSB?

Bisher haben wir uns dazu noch in keiner Weise geäußert oder festgelegt. Natürlich wird es immer so sein, dass man sich an den Ergebnissen der vergangenen Spiele in irgendeiner Form orientiert (London 2012: 44 Medaillen für Deutschland), aber intern gibt es ein klares Medaillenziel nicht. Wir fahren mit einem schlagkräftigen Team nach Rio und werden versuchen die bestmöglichen Erfolge mitzubringen. Wenn da möglichst viele Medaillen mit von der Partie sind, ist das schön.

Alfons Hörmann ist 55 Jahre alt und seit Dezember 2013 Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Beruflich war er in der Baustoffbranche tätig und führte dort verschiedene Managementpositionen aus. Über den Vorsitz im Allgäuer Skiverband wurde er 2006 schließlich Chef des Deutschen Skiverbandes. 2013 wählte ihn die DOSB-Mitgliedsversammlung zum Nachfolger von Thomas Bach, der ins Amt des IOC-Präsidenten wechselte.

Das Interview führte Jens Krepela.