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Sprungbrett für junge Regisseure

Jochen Kürten
11. November 2016

Das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg erreicht in diesem Jahr das Rentenalter. Dennoch setzt es weiterhin konsequent auf die Jugend und spürt neue Talente auf. Ein Blick auf das Programm 2016.

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Filmstill "Lost in Armenia" (Foto: Filmfestival Mannheim-Heidelberg/Serge Avedikian)
Bild: Filmfestival Mannheim-Heidelberg/Serge Avedikian

In diesem Jahr findet das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg zum 65. Mal statt. Früher gingen deutsche Arbeitnehmer mit 65 Jahren in Rente. Inzwischen hat sich das verschoben, auf zumindest 67 Jahre. Insofern ist das Festival Mannheim/Heidelberg doch noch kein Fall für die Pensionsgrenze. Und die Veranstalter würden das wohl auch empört zurückweisen. Schließlich zeigt man beim Festival traditionell junges Kino, Filme von Debütanten und Regisseurinnen und Regisseuren, die noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen.

Auftakt mit einem Blick nach Armenien

"Lost in Armenia" hat das Festival am Donnerstag eröffnet, eine französisch-armenische Co-Produktion von Regisseur Serge Avédikian. Der im armenischen Eriwan zur Welt gekommene Avédikian ist vor allem als Schauspieler bekannt. "Lost in Armenia" ist sein zweiter eigener Film, so dass der 1955 geborene Filmemacher doch noch das Kriterium des Festivals erfüllt. Gezeigt werden nämlich ausschließlich Filme von Newcomern.

19 Filme sind in diesem Jahr im Wettbewerb zu sehen, drei andere Reihen komplettieren das Programm. Rund 40 Filme kommen jedes Jahr in Mannheim/Heidelberg zur Aufführung, man bemüht sich auf einen konzentrierten Blick auf interessante neue und junge Regisseure. Auf Glamour und große Partys wird verzichtet, auch weil man es sich nicht leisten kann. Das Festival hat ein vergleichsweise geringes Budget.

Statt Glamour: Filmkunst mit Publikumspotential

So hat man in den letzten Jahren aus der Not eine Tugend gemacht. Für das kräftige Auf-die-eigene-Schulter-Klopfen sorgt dabei vor allem Festival-Direktor Michael Kötz, der dem Filmtreff seit einem Vierteljahrhundert vorsteht. Kötz vermarktet sein Festival meisterhaft und wirbt stetig für einen Ausgleich zwischen Kunstkino und populärem Kino mit Anspruch. "Ich musste lernen, dass ein internationales Filmfestival nicht nur gute Filme zeigen kann, die ein gelernter Cineast gut findet - und die Kollegen loben ihn für seinen radikal-guten Geschmack - sondern, dass die Filme auch beim Publikum funktionieren müssen, ohne dass man sie mit Seichtem abspeist, weil man glaubt, sie seien zu blöd, um die wirklich guten Filme zu verstehen", schreibt Kötz in seiner Jubiläums-Rückschau auf die Geschichte des Festivals.Man müsse dem Publikum alles zutrauen, so Kötz, damit es umgekehrt dem Programmverantwortlichen auch vertraut. Doch es geht beim Festival nicht nur um die Präsentation neuer Filme. Mannheim/Heidelberg ist auch ein Platz des Austauschs. Ein internationales Filmfestival müsse auch ein attraktiver Marktplatz für Filmeinkäufer für Kino und Fernsehen sein, ergänzt Michael Kötz. Auch das hat das Festival mit der Plattform "Mannheim Meeting Place" geschafft, bei der jedes Jahr Jung- und Alt-Produzenten aufeinandertreffen. 

65. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg 2016 Breathing under the Sea
Einer von 19 Filmen im Wettbewerb: "Breathing under the Sea" aus FrankreichBild: Filmfestival Mannheim-Heidelberg/Marine Place

Siebtältestes Filmfestival der Welt

Nach Angaben des Festivals werden jährlich weltweit rund 8000 Filme gedreht. Rund 1000 davon würden von den Festival-Machern jedes Jahr im Vorfeld gesichtet, 30 bis 40 dann gezeigt. Besonders stolz ist man darauf, ausschließlich Entdeckungen zu präsentieren. Erfolgsfilme anderer Festivals bloß nachzuspielen, darauf verzichtet man beim Traditions-Festival in den zwei Städten Baden-Württembergs. Aus der Taufe gehoben wurde das Festival 1952 in Mannheim als "Kultur- und Dokumentarfilmwoche". Die Stadt Heidelberg stieß erst 1993 dazu.

 

Filmfestival Mannheim Internationaler Wettbewerb Stadthaus Mannheim
Am Abend stimmungsvoll: Das Stadthaus in Mannheim ist das Zentrum des Festivals Bild: IFFMH

Und tatsächlich, unter den Festival-Filmen sind jedes Jahr viele Perlen zu entdecken, aus Ländern wie Iran oder Irak, aus Südamerika, aus kleineren europäischen Ländern, aus China oder auch aus der Independent-Szene der USA und aus Kanada. Mannheim war für viele junge Regisseurinnen und Regisseure der Startschuss für eine internationale Karriere. Auch darauf ist man stolz: Namen wie Věra Chytilová und Alexander Kluge, Otar Iosseliani und Jim Jarmusch stehen für diesen Entdeckergeist.