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Der Ausweichsitz der Deutschen Bundesbank im Moseltal

18. Oktober 2010

Die 1960er Jahre waren auch die Zeit der Atomkrieg-Angst. Eine Vorsichtsmaßnahme Deutschlands damals: ein geheimer Bunker. Die Milliarden einer Sonderwährung, die hier mal lagerten, sind nicht mehr da. Die Anlage schon.

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Cochem im Moseltal (Foto: DW/M.Nelioubin)
Idyllisch gelegene Milliarden in Cochem-CondBild: DW/Nelioubin

Beinahe zeitgleich baute die Bundesbank im Moseltal in Cochem-Cond, rund 100 Kilometer entfernt vom Hauptsitz in Frankfurt, einen Bunker für eine Ersatzwährung. Zwei Jahre lang wurde unter strengster Geheimhaltung ein unterirdischer Stollen in den Berg gebohrt.

Eine Wendeltreppe in dem Bunker in Cochem-Cond (Foto: DW)
Für 175 Menschen ist Platz in dem BunkerBild: DW/Andreas Krisam

Um die Anwohner nicht zu erschrecken erklärte man ihnen, dass hier ein Schulungs- und Erholungsheim für Lehrgangsteilnehmer der Bundesbank entstehe. Im Atomkrieg hätten in dem 300 Meter langen Bunker, der über einen eigenen Tiefbrunnen, eine eigene Strom- und eine sandgefilterte Luftversorgung, eine Küche mit kleinem Speisesaal und zwei Dekontaminierungszonen verfügte, 175 Menschen bis zu 14 Tage überleben können.

Nach Recherchen von Jörg Diester, einem Hobbyhistoriker und Mitarbeiter der Handwerkskammer in Koblenz, schickte die Bundesbank alle drei Monate drei Prüfer nach Cochem, um die Geldbestände zu überprüfen und nachzuzählen. Nur gemeinsam konnten sie die Schlösser der tonnenschweren Stahlpanzertüren öffnen.

Ideale Lage im Moseltal

Geschreddertes Geld in einem Sack der Deutschen Bundesbank (Foto: dpa)
Das Geld landet 1988 im SchredderBild: dpa - Bildfunk

Cochem war als Standort ausgewählt worden, weil man hoffte, dass eine atomare Druckwelle über das enge Moseltal hinweg fliegen würde. Eine kleine Mannschaft sollte nach dem Atomschlag die Einführung der sogenannten BBK II Währung sicherstellen. Diese war in Farbe und Design angelehnt an die D-Mark, die BBK I.

Bereits vor dem offiziellen Ende des Kalten Krieges 1988 transportierten Mitarbeiter der Bundesbank das Geld ab: insgesamt 15 Milliarden. Das längst nicht mehr fälschungssichere Ersatzgeld wurde im Reißwolf geschreddert. Einige Scheine sollen überlebt haben - sie sind weit mehr wert, als ihr Aufdruck es vorsieht.

Bundesbank gibt den Bunker auf

Das Gebäude der Bundesbank in Frankfurt (Foto: Deutsche Bundesbank)
1994 verkauft die Bundesbank den BunkerBild: Deutsche Bundesbank

1994 verkaufte die Deutsche Bundesbank die außergewöhnliche Immobilie an die Vereinigte Volksbank Cochem. Diese baute Schließfächer in einen Teil des Bunkers ein, um hier Hab und Gut ihrer Kundschaft vor dem Hochwasser der Mosel sicher einzulagern. Der größere Teil des Bunkerkomplexes ist erhalten geblieben, die Frankfurter Banker holten Teile des Mobiliars ab. Auch die Dieselaggregate für die Stromerzeugung wurden ausgebaut.

Nur ein Raum ist immer noch vollständig erhalten: der Fernsprechraum, der formal immer noch dem Bundesinnenministerium gehört, da er aus seinem Haushalt finanziert wurde. Hier steht auch noch der einzig erhaltene Original-Stuhl, weil die Funker ihre Arbeit nicht im Stehen betrieben.

Heute gehört die Anlage der Genossenschaftsbank der Volksbanken und steht zum Verkauf. Jörg Diester von der Handwerkskammer in Koblenz will mit einigen Mitstreitern und mit Hilfe von Politikern und Sponsoren den Bunker kaufen und daraus eine Dokumentationsstätte für Besucher machen.

Autor: Andreas Krisam

Redaktion: Michael Borgers