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Politik

Deutschland erlebt neue "Alltagsnormalität"

12. Oktober 2020

Immer mehr deutsche Städte gelten als Corona-Hotspots, die Sicherheitsmaßnahmen zum Eingrenzen der Pandemie werden hochgefahren. Besonders umstritten: Beherbergungsverbote für Reisende aus deutschen Risikogebieten.

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Coronavirus - Steigende Infektionszahlen in Berlin
U-Bahn in der Hauptstadt Berlin: ein Hotspot im Hotspot?Bild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Zuletzt meldeten unter anderem Köln, Stuttgart, Essen, Mainz, Duisburg und München das Überschreiten der "Hotspot"-Stufe von 50 registrierten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Andere Großstädte wie Berlin, Frankfurt am Main und Bremen hatten schon zuvor diese Marke durchbrochen. Allein im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen lagen am Sonntag neun Landkreise und kreisfreie Städte über dem kritischen Wert.

Am vergangenen Freitag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Oberbürgermeistern und Bürgermeistern der elf größten deutschen Städte über die Lage beraten. An der Entwicklung in den Ballungsräumen zeige sich, "ob wir die Pandemie in Deutschland unter Kontrolle halten können oder ob uns die Kontrolle entgleitet", betonte Merkel anschließend.

"Der entscheidende Schlüssel"

Mehrere Ministerpräsidenten riefen die Bürger abermals zur strikten Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln auf. Regional gelten zudem Sperrstunden, Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen sowie Kontakt- und Versammlungsbeschränkungen. 

"Die Lage ist ernst. Ernster, als diejenigen glauben, die sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten", sagte etwa die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD). Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte, Deutschland erlebe gerade einen sprunghaften Anstieg der Neuinfektionen. "Deswegen brauchen wir auch für die kommenden Wochen noch deutlichere Regelungen, zum Beispiel mit mehr Masken." Diese seien der entscheidende Schlüssel, um Alltagsnormalität so lang und so gut wie möglich zu erhalten.

Bayern I Ministerpräsident Markus Söder I Schutzmaske
Fordert bei Verstößen gegen die Maskenpflicht ein bundesweit einheitliches Bußgeld von 250 Euro: Markus SöderBild: picture-alliance/F. Hoermann

"Das macht alles keinen Sinn"

Unterdessen wird die Kritik an Beherbergungsverboten bei innerdeutschen Reisen immer lauter. Bürger, deren Wohnsitz in einer Hotspot-Region liegt, dürfen in etlichen Bundesländern derzeit nicht mehr in Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen übernachten.

"Ich halte diese Maßnahme für rechtswidrig, weil sie weder verhältnismäßig noch geeignet ist", sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) der "Bild"-Zeitung. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kündigte an, dass über das Thema bei der Ministerpräsidenten-Konferenz am Mittwoch noch einmal beraten werde. "Wir haben Hunderttausende Pendler jeden Tag. Die begegnen sich im Einzelhandel, im Nahverkehr, auf der Arbeit. Und dann darf ein Berliner aber zwei Tage nicht im Spreewald (Kulturlandschaft im benachbarten Bundesland Brandenburg, Anm. d. Red.) übernachten. Das macht alles keinen Sinn", sagte Müller im Zweiten Deutschen Fernsehen.

Regenwetter im Spreewald
Beliebtes Ausflugsziel (nicht nur) für Berliner: das Spreewalddorf Lehde in BrandenburgBild: picture-alliance/dpa

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) verteidigte hingegen die umstrittene Regelung. Viele Bundesländer seien besorgt, dass Besucher aus den betroffenen Städten "eben in ihre Urlaubsregionen mehr Infektionen eintragen". "Daher ist sozusagen dieses Beherbergungsverbot, mit der Möglichkeit sich frei zu testen, eine echte Notfallmaßnahme."

Wichtigstes Ziel sei es, dass die Produktivwirtschaft weiterlaufe, dass Schulen und Kindergärten offen blieben, damit Deutschland gut durch die Krise komme, so Braun weiter. "Deshalb müssen wir da, wo die Infektionsketten sich hauptsächlich ausbreiten, nämlich bei Feiern und leider auch beim Reisen etwas strenger sein."

wa/cw (dpa, afp, rtr)