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Chinas Automarkt als Hoffnungsträger

Klaus Ulrich
26. September 2020

Die Corona-Pandemie ist längst nicht überwunden. Doch vor allem im Land, in dem die Krise ihren Anfang nahm, starten die Autoverkäufe wieder durch. Einblicke in den wichtigsten Automarkt der Welt.

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Peking Auto China 2020 Automesse
Bild: Greg Baker/AFP/Getty Images

Nachdem China hat das Coronavirus weitestgehend in den Griff bekommen hat, kann die jährliche, abwechselnd in Shanghai und Peking stattfindende und im Frühjahr verschobene Autoschau ab Samstag (26.09.2020) nachgeholt werden. Dieses Jahr ist Peking an der Reihe und wird so zum einzigen Austragungsort einer Automesse von Weltruf - alle anderen wurden wegen COVID-19 abgesagt.

"Peking und Shanghai sind nach meiner Einschätzung in normalen Zeiten die wichtigsten Automessen der Welt", sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber der DW. Zwar habe sich der chinesische Automarkt von allen Märkten am besten erholt. Dieses Jahr werde Peking aber bedingt durch Corona eher eine nationale Messe.

"Alleine schon wegen der Reiseeinschränkungen kommen nur wenige CEO's internationaler Hersteller" so Dudenhöffer. Vor allem einheimische Hersteller wie Great Wall und Geely würden versuchen, ihre Position im Heimatmarkt zu stärken.

Kommt Tesla-Chef Elon Musk?

Doch einen Star aus der internationalen Automobilszene erwartet der Experte doch in Peking: Die Rede ist von Tesla-Chef Elon Musk, der kürzlich auch die Baustelle einer neuen Tesla-Fabrik in der Nähe von Berlin besucht hat. "Tesla war immer exklusiv in China auf Automessen vertreten. Elon Musk hat ja ein neues Werk in Shanghai, das sehr wichtig für seine Firma ist. Er könnte in Peking etwas zu Weiterentwicklungen seiner Fahrzeuge und Preisen sagen."

Insgesamt, so Dudenhöffer, gehe es bei der "abgespeckten" Veranstaltung in Peking darum, zu zeigen, "dass die chinesische Automesse auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen und China das Autoland der Zukunft sein wird."

Dynamische Entwicklung seit Jahresbeginn

"Der chinesische Automarkt ist seit sieben Jahren der größte der Welt", stellte der Verband der deutschen Autoindustrie VDA zum Jahresbeginn 2020 in einer Analyse fest, "kein anderer Markt hatte im vergangenen Jahrzehnt eine derartige Wachstumsgeschichte vorzuweisen." Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren in Europa und im Rest der Welt zu diesem Zeitpunkt noch kaum zu spüren. Trotz des aktuellen Marktrückgangs in China dürfe nicht übersehen werden, dass der chinesische Markt immer noch deutlich größer als der US-amerikanische und fast sechs Mal so groß wie der deutsche Automobilmarkt sei, schwärmten die VDA-Experten.

China Shanghai | Tesla Model 3, Elon Musk, CEO
Elon Musk bei der Eröffnung der Tesla-Fabrik in Shanghai (07.01.2020)Bild: picture-alliance/AP Photo/Chinatopix

Kleine Einschränkungen gab es damals bereits: Der chinesische Markt berge nach wie vor ein hohes Wachstumspotential. Kurzfristige Negativeffekte wie der Handelskonflikt mit den USA oder ein Virusausbruch dürften an dieser langfristigen Perspektive wenig ändern. Gleichzeitig spüre die globale Automobilindustrie zum Jahresbeginn die Auswirkungen des Coronavirus in China deutlich. Der Verkauf von Neufahrzeugen sei seit Bekanntwerden des Virus in der Volksrepublik zurückgegangen. Zwischen den Zeilen schwang dabei mit: Das wird sich aber hoffentlich bald wieder ändern.

Dramatischer Einbruch

Doch zunächst kam es knüppeldick: Im Februar 2020 wurden in China fast 82 Prozent weniger Pkw als im Vorjahresmonat verkauft, im März belief sich der Rückgang immer noch auf rund 48 Prozent. Insgesamt stürzte der Automarkt im 1. Quartal 2020 um 42,4 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode ab.Die COVID-19-Pandemie hatte in China früh im Jahr das Wirtschaftsleben lahmgelegt. Allerdings fuhren die Autofabriken dann früher als in Europa und Nordamerika wieder den Betrieb hoch. Auch die meisten Händler haben seit längerem wieder geöffnet.

Nachdem bereits im April wieder Zuwächse verzeichnet wurden, stellten die Außenhandelsexperten von Germany Trade und Invest (GTAI) in Bezug auf China fest: "Das Schlimmste dürfte die Branche, sofern eine zweite COVID-19-Welle ausbleibt, hinter sich haben."

Coronavirus in China Changchun Autoproduktion VW FAW Werk
Corona-Routine: Fieber-Test im VW-Werk im chinesischen ChangchunBild: picture-alliance/Xinhua/Zhang Nan

Im Juli lag der Absatz seit Jahresbeginn noch knapp 13 Prozent hinter dem Stand des Vorjahres. Er kletterte nach Angaben des chinesischen Herstellerverbandes CAAM um 16,4 Prozent auf 2,1 Millionen Fahrzeuge. Damit stiegen die Verkäufe auf dem weltgrößten Pkw-Markt den vierten Monat in Folge. Der Verband rechnete damit, dass die Hersteller den Abstand zum Vorjahr insgesamt auf etwa zehn Prozent eingrenzen könnten.

Bereits im August schrumpfte der Rückstand auf 9,7 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Pkw-Absatz in diesem Monat um 11,6 Prozent auf 2,19 Millionen Fahrzeuge. Die Verkäufe von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben - Elektro, Hybrid und Wasserstoff - kletterten im August im Vergleich zum Vorjahr um 25,8 Prozent.

Wichtigster Markt für deutsche Hersteller

China ist der mit Abstand wichtigste Einzelmarkt der deutschen Autokonzerne Volkswagen (inklusive Audi und Porsche), BMW und Daimler. Das birgt auch Gefahren.

Weltpremiere der neuen S-Klasse von Mercedes-Benz
Innenraum der neuen S-Klasse von Mercedes, die vor allem Kunden in China gefallen sollBild: picture-alliance/dpa/S. Stein

So besitzt beispielsweise der chinesische Staatskonzern BAIC schon heute fünf Prozent an der Daimler AG. Nun wolle das chinesische Unternehmen seinen Anteil auf 9,9 Prozent aufstocken, berichten mehrere chinesische Medien. Und es gibt noch einen weiteren Großaktionär aus China: Den privaten Autohersteller Geely des Milliardärs Li Shufu, dem exzellente Verbindungen zur chinesischen Staatsführung nachgesagt werden. Er besitzt seit zweieinhalb Jahren stattliche 9,96 Prozent der Daimler-Aktien. Gemeinsam wäre dies eine enorme Machtposition der chinesischen Anteilseigner.

Klumpenrisiko und Handelsstreit

Eine solche Entwicklung wäre genau das Gegenteil dessen, was der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, den deutschen Unternehmen jüngst in einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung geraten hat: ihr "chinesisches Klumpenrisiko bei der strategischen Planung zu berücksichtigen". Schließlich setze China seine "gewonnene wirtschaftliche Macht" auch bei seinen "Investitionen im Ausland immer robuster und unverhohlener" ein. Auch im Handelsstreit mit Amerika drohten die Konzerne aus Deutschland zwischen die Fronten zu geraten.