80 Jahre Tonband: mehr als Schall und Rausch
Thomas Alva Edison erfand 1877 den Phonographen. Der konnte Schallwellen aufzeichnen und wiedergeben - eine Sensation! Der Weg zum Tonband war aber noch lang. Vor 80 Jahren wurde das erste Tonbandgerät vorgestellt.
Das erste Tonbandgerät
Als die Firma AEG 1935 auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin das "Magnetophon K 1" vorstellte, waren seit Edisons "Phonograph" fast fünf Jahrzehnte vergangen. Auf die Idee, Schall elektromagnetisch aufzuzeichnen waren viele gekommen. Aber erst die Entwicklung eines besonderen Tonkopfes in Verbindung mit einem mit Eisenpulver beschichteten Kunststoffband brachte den Durchbruch.
Neue Möglichkeiten
Obwohl die ersten Aufzeichnungen sehr verrauscht waren und nicht besser klangen als die Schellack-Platten, setzten AEG und der Bandhersteller IG Farben auf die neuen Möglichkeiten: Jetzt konnte man auch schneiden und löschen. Aufnahmen ließen sich also bearbeiten und verändern. 1936 kam es in Ludwigshafen zum ersten Konzertmitschnitt auf Magnetband mit den Londoner Symphonikern.
Unterschiedlichste Anwender
Rundfunkanstalten konnten jetzt Sendungen vorproduzieren, archivieren und wiederholen. So konnte man rund um die Uhr Programm machen, das sich wie live anhörte. Die Nationalsozialisten setzten die Möglichkeiten des neuen Tonträgers gezielt für ihre Propaganda ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Geräte immer besser und einfacher zu bedienen - und die Produktion für den Heimanwender lief an.
Wirtschaftsfaktor Tonbandgerät
Radiohersteller Max Grundig erkannte früh, dass man auch mit Tonbandgeräten für den "Otto-Normal-Verbraucher" Geld verdienen kann. 1951 brachte er das erste preiswerte Heimtonbandgerät mit dem Namen "Reporter 500L" in Serie. Kein Wunder, dass sich später der "Vater des deutschen Wirtschaftswunders", Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (Mitte), für den Unternehmer Max Grundig (li) interessierte.
Immer und überall
Die neuen Tonbandgeräte für den Endverbraucher - wie hier das "trudelfreie", batteriebetriebene Telefunken "Magnetophon 300" - ermöglichten den Genuss selbst zusammengestellter Musik, immer und überall.
Tonband statt Schallplatte
Auch auf Partys kommt das Tonbandgerät zum Einsatz. Es entfällt damit das mitunter lästige Wechseln der Schallplatten. Stundenlange Tanzmusik ohne Pausen. Das gefällt vor allem der tanzbegeisterten Jugend in den 1960er und 1970er Jahren - auch in der DDR.
Immer wieder anhören
Ohne kommerzielle Interessen konnten Musikfans Konzerte aufnehmen und zuhause mit Freunden immer wieder anhören. Wie hier ein junger Mann, während eines Open-Air Festivals auf Burg Herzberg bei Alsfeld in den 1970er Jahren.
Selbstkontrolle und Vorzeigeeffekt
Ganze Symphonien hören, ohne die Pausen zum Plattenwechseln. Darüber freute sich auch Stardirigent Karl Böhm. Zusammen mit seinem Sohn, dem Schauspieler Karlheinz Böhm, freute er sich im April 1970 über die gelungene Aufnahme einer gerade neu eingespielten Bruckner-Sinfonie mit den Berliner Philharmonikern.
Entscheidungshilfe
Auch Schlagerstar Nicole hatte ein Tonbandgerät im heimischen Wohnzimmer stehen. Damit konnte die Grand-Pix-Gewinnerin von 1982 beispielsweise neu eingereichte Demo-Songs bequem zuhause abhören, um sich dafür oder dagegen zu entscheiden.
Andere Möglichkeiten
Während des "Kalten Krieges" war es Staaten wichtig, zu erfahren, was der jeweils andere Staatenbund politisch, wirtschaftlich und militärisch plant. Dabei spionierte man sich gegenseitig mit den aller neuesten technischen Errungenschaften aus. Natürlich kam dabei auch das Tonbandgerät zum Einsatz.
Protokoll und Beweis
Wichtige Gespräche, Sitzungen oder Vertragsverhandlungen konnten aufgezeichnet werden. Tonbandaufnahmen wurde auch im Gerichtssaal verwendet. Manchmal wurden sie sogar als Beweismittel zugelassen. 2009 sollte im Landgericht Augsburg nachgewiesen werden, dass das hier abgebildete Gerät dasselbe ist, von dem 28 Jahre davor in einem Entführungsfall Erpresseranrufe abgespielt wurden.
Die Sache mit der Kompatibilität
Weltweit wurden die Möglichkeiten der Tonaufzeichnung genutzt und eigene Geräte entwickelt. 1974 trat der US-amerikanische Sänger Neil Sedaka in Frankfurt auf. Er gab dazu ein Tonband mit der Klavierbegleitung dem Toningenieur. Das Playback klang völlig dumpf und verrauscht. Der Grund: Das Band aus den USA hätte zur Wiedergabe mit einem europäischen Gerät vor dem Tonkopf gedreht werden müssen.
Erinnerungen
Inzwischen hat die digitale Tonaufzeichnung die analoge Bandmaschine längst verdrängt. Selbst das digitale Audio Tape (DAT) wurde aus den Studios und Wohnzimmern verbannt. Heute speichern wir Schallwellen als Wave- oder mp3-Dateien und geben sie mit dem Smartphone oder mit einem Plugin wieder. Geblieben sind Bilder und Geschichten - oder Erinnerungen, wie die an den ärgerlichen Bandsalat.